© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Königliche Irrtümer
USA: Der jüngste Amerika-Besuch von Queen Elisabeth II. offenbarte zeitgeistige Geschichtsvergessenheit / Keine bessere Gesellschaft als vor 50 Jahren
Patrick J. Buchanan

Zum 400. Jahrestag der Gründung der Jamestown-Siedlung kam Elisabeth II. erneut nach Amerika. "Seit ich Jamestown 1957 besuchte, ist mein Land viel multikultureller geworden. Ähnlich haben auch der Staat Virginia und die gesamten Vereinigten Staaten von Amerika enorme soziale Veränderungen durchgemacht", meinte die Queen zur Begrüßung. Damit sagt sie die Wahrheit - aber sind wir jetzt bessere Gesellschaften als vor fünfzig Jahren?

In Virginia machte die kulturelle Vielfalt zuletzt Schlagzeilen, als ein ausgerasteter Koreaner an der "Virginia Tech"-Universität 32 Studenten und Dozenten massakrierte. Aus London ist Londonistan geworden, in den dortigen Moscheen predigen Imame Haß gegen den Westen. Pakistanische U-Bahn-Bomber finden in ihrer Nachbarschaft Unterstützung. Rassenunruhen sind in den nordischen Industriestädten Normalität. Die Kriminalität ist rapide gestiegen. Ist das besser als 1957?

Tony Blairs Großbritannien ist womöglich multikultureller als das Land von Queen Victoria, Edward VII., Lloyd George und Winston Churchill - aber ist es eine bessere Nation? Nur wer Vielfalt vergöttert, kann behaupten, daß Großbritannien ein besseres, stärkeres oder größeres Land ist, als es am Vorabend des Ersten Weltkriegs war - als Britannia noch über ein Viertel der Welt herrschte. Aber die neue Orthodoxie verlangt, daß wir so reden.

Englische Christen, Sklaven aus Afrika und Indianer

Ihre Majestät bemühte sich um den passenden Ton: "Nach fünfzig Jahren sind wir jetzt in einer Position, endlich ehrlicher über das Jamestown-Erbe zu reflektieren", sagte die Königin - und begann, weniger ehrlich zu reflektieren. In Jamestown "kamen drei große Kulturkreisen zum ersten Mal zusammen - Westeuropa, die Ureinwohner Amerikas und Afrika".

Die Jamestown-Siedler waren englische Christen. Als allererstes bauten sie eine Festung, um sich vor Powhatans Stamm zu schützen. Sie rechneten durchaus mit einem Massaker. Die Afrikaner dagegen kamen 1620 in Sklavenschiffen nach Amerika und wurden erst 145 Jahre später befreit. Dann wurden sie ein Jahrhundert lang von den Weißen rassisch getrennt. Es gab kein Zusammenkommen von afrikanischen, indianischen und europäischen Kulturen. Die afrikanischen Sklaven wurden ihrer eigenen Kultur entwurzelt.

Jamestown 1607 war keine Begegnung zwischen Kulturen, sondern die Eröffnung eines imperialistischen Eroberungskrieges selbstbewußter Christen, die heidnische Indianerstämme vernichteten, sie nach Westen trieben und ihr Land bevölkerten. Dort setzten sie ihren eigenen Glauben und ihre eigenen Gesetze durch. Als wir Amerikaner kamen, gehörte das Land den Indianern. Wir eigneten es uns an.

Höflich distanzierte die Königin sich von ihren Äußerungen vor fünfzig Jahren: "Im nachhinein können wir in diesem Ereignis (Jamestown) die Ursprünge eines singulären Bemühens erkennen - die Errichtung einer großen Nation gegründet auf die ewigen Werte der Demokratie und Gleichheit."

"Natürliche Aristokratie" von Begabung und Tugend

Daß eine große Nation aus Jamestown hervorging, ist unbestreitbar. Jedoch wurde die US-Revolution nicht für Gleichheit oder Demokratie erkämpft, sondern für die Unabhängigkeit von der englischen Herrschaft. Vier amerikanische Präsidenten - Washington, Jefferson, Madison und Monroe - waren Plantagenbesitzer und Sklavenhalter aus Virginia. Vor dem Bürgerkrieg, 250 Jahre nach der Gründung von Jamestown, glaubte so gut wie kein Amerikaner, und gewiß nicht Abraham Lincoln, an die soziale oder politische Gleichheit der Afrikaner. Jefferson sagte, daß eine "natürliche Aristokratie" von Begabung und Tugend regieren solle. Angesichts des politischen Führungspersonals, das uns Gleichheit und Demokratie beschert haben - Harry Reid, Nancy Pelosi, Bill Clinton und George W. Bush: Hatte da nicht doch eher Jefferson recht?

Ronald Reagan warnte in seiner Abschiedsrede: "Wir müssen Geschichte lehren nicht auf der Basis dessen, was modisch ist, sondern dessen, was wichtig ist. ...Wenn wir vergessen, was wir getan haben, werden wir nicht mehr wissen, wer wir sind. Ich warne vor einer Auslöschung ... des amerikanischen Gedächtnisses, die letztendlich mit einer Erosion des amerikanischen Geistes enden könnte."

Die Gründung Amerikas ist mit den Dogmen der heutigen Zeit unvereinbar. Wir sollten uns lieber fragen, warum unsere Vorväter, die dieses Land schufen, mit Stumpf und Stiel den Nonsens verwarfen, den wir heute von Egalitarismus und Globlödsinn faseln.

 

Patrick J. Buchanan war mehrfach US-Präsidentschaftskandidat. Er ist Mitbegründer der Zeitschrift "The American Conservative".


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen