© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Ungewöhnliche Bündnisse
Extremismus: Kirchliche Gruppen arbeiten mit radikalen G8-Gegnern zusammen / Von der Polizei durchsuchte Initiative erhielt Geld aus dem "Kampf gegen Rechts"
Felix Krautkrämer

Vergangene Woche sorgten deutschlandweite Razzien gegen linksextremistische Kreise im Umfeld der G8-Gipfel-Gegner für erhebliches Aufsehen. Bei der Aktion waren rund 900 Beamte im Einsatz. Schwerpunkte bildeten die linksautonomen Szenen in Hamburg und Berlin.

Empörte Reaktionen auf die Durchsuchungen folgten prompt: Von einer pauschalen Kriminalisierung aller G8-Gegner war die Rede. Noch am selben Abend kam es in Hamburg und Berlin zu größeren Protestdemonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern. In Hamburg endeten sie mit Krawallen und Ausschreitungen gegen die Polizei, in Berlin brannten Autos. Daß von Kreisen der G8-Gegner eine erhöhte linksextremistische Terrorgefahr ausgeht, steht allerdings nicht erst seit den Razzien der vergangenen Woche fest. So registrierten die Verfassungsschutzämter von Berlin, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm ein deutschlandweites Anwachsen linksextremistischer Mobilisierungsversuche sowie eine Zunahme von Aktionen sogenannter "Autonomer".

In einer Lageanalyse über "Linksextremistische Protestvorbereitungen gegen den G8-Gipfel 2007" des Verfassungsschutzes Berlin vom Januar 2007 heißt es unter anderem, daß im Zuge der G8-Proteste "nicht nur friedliche Demonstrationen" zu erwarten, "sondern auch militante Aktionen in Betracht zu ziehen" sind. Mit Sorge blicken die Sicherheitsbehörden deshalb auf den Anfang Juli in Rostock parallel zum G8-Treffen stattfindenden "G8-Alternativgipfel".

"Demokratische Globalisierung von unten"

Ziel dieses Protestbündnisses ist eine "demokratische Globalisierung von unten". Zahlreiche unterschiedliche Gruppen zählen zu den Initiatoren der Veranstaltung. So zum Beispiel der evangelische Entwicklungsdienst (EED), das Hilfswerk der katholischen Kirche Misereor, die IG Metall und die parteinahen Stiftungen von Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen. Sie alle treten laut eigener Aussage für "Friedfertigkeit und politische Konfliktlösungen" ein.

Allerdings finden sich unter den Initiatoren auch linksextremistische Gruppierungen wie die Interventionistische Linke (IL). Bei dieser handelt es sich laut dem Berliner Verfassungsschutz um ein Bündnis, dem "eine Vielzahl linksextremistischer Gruppen" angehört, die das Ziel haben, "die Proteste anläßlich des G8-Gipfels zu radikalisieren". Dies sei für sie "ein notwendiger Schritt zur Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung".

Belege für ihre Demokratiefeindlichkeit liefert die IL in ihrer Zeitung G8-XTRA. Dort wird beispielsweise zum "Bruch mit dem klassenherrschaftlichen, patriarchalen, rassistischen und imperial(istisch)en System" aufgerufen. Auf der Internetseite der Organisation findet sich auch ein Verweis auf ein weiteres laut Berliner Verfassungsschutz linksextremistisches Bündnis: das Berliner Dissentnetzwerk. Neben Aufrufen zum "Klassenkampf in Betrieb, Schulen und Universitäten" und dem Kampf gegen das "kapitalistische System" der "BRD" finden sich dort auch Forderungen nach der Freilassung der RAF-Terroristen Christian Klar, Eva Haule und Birgit Hogefeld.

Problematische Förderung

Warum Organisationen wie Misereor, EED, Bund der Deutschen Katholischen Jugendlichen oder die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ein Bündnis mit nachweislich linksextremistischen Gruppierungen eingehen, bleibt rätselhaft.

Ein weiteres Problem stellt die Förderung einzelner Organisationen dar. So befand sich unter den vergangene Woche durchsuchten Objekten auch die Dokumentationsstelle der Antirassistischen Initiative in Berlin (ARI). Für ihre Tätigkeit ist die ARI auf Spenden und finanzielle Förderungen angewiesen. Eine solche finanzielle Unterstützung erhielt sie unter anderem von der Amadeu-Antonio-Stiftung, deren Schirmherr Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist.

Zu den Partnern und damit Geldgebern der Stiftung gehört unter anderem das Aktionsprogramm Civitas gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die jetzt von der Polizei durchsuchte Einrichtung hat also direkt von der Förderungspraktik der Bundesregierung im sogenannten "Kampf gegen Rechts"
profitiert.

Ein weiteres Förderungsprojekt der Amadeu-Antonio-Stiftung war das laut Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen "linksextremistische Inhalte" verbreitende Internetportal nadir. Auf diesem finden sich zahlreiche Beiträge und Aufrufe des Berliner Umbruch-Bildarchivs. Dieses war vergangene Woche ebenfalls Ziel der Durchsuchungen der Bundesanwaltschaft.


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