© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Bernhard Friedmann
Unter Feuer
von Christian Vollradt

Die Rolle Bernhard Friedmanns in dem kaum abflauenden Ränkespiel um Günther Oettinger entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Denn obwohl er mit dessen vermeintlich intolerablen Rede auf Hans Filbinger nichts zu tun hat, sieht sich der Präsident des Studienzentrums Weikersheim unter enormem Druck. Dabei wird der 75jährige ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete auch noch von seinen Parteifreunden im Stich gelassen, seitdem der Stuttgarter Sühneprinz im Zuge seines geschichtspolitischen Kotaus die zarte Bande zum Studienzentrum kappte. Friedmann spricht von einer "Hetzkampagne", die Weikersheim "in die Nähe des rechten Randes" rückt.

Dabei setzt das Studienzentrum, das der Freiburger Honorarprofessor für Wirtschaftswissenschaften seit 2003 führt, keineswegs auf rechte Inhalte wie Nation, Staat, Volk oder Zuwanderung, sondern vor allem auf unverdächtige Themen wie Europa oder die Marktwirtschaft - wo sich zudem die konservative Note nur bei genauem Hinschauen dezent abzeichnet. Das erklärt sich allerdings nicht nur aus dem Bestreben, den rechten Hautgout loszuwerden, sondern auch aus Friedmanns Werdegang: 1932 im Badischen geboren, ging er in den höheren Verwaltungsdienst und beendete seine Karriere 2001, nach elf Jahren als der deutsche Vertreter beim Europäischen Rechnungshof, dessen Präsident er von 1996 bis 1999 gar war.

Manches an der jüngsten Auseinandersetzungen mag Friedmann wie ein Déjà-vu vorkommen. Schon einmal stieß er auf eine "Front der Ablehnung von den Grünen über die SPD bis weit in die Reihen der Union", mußte eine "Gereiztheit" und die fehlende Bereitschaft zu einer argumentativen Auseinandersetzung feststellen. Das war vor genau zwanzig Jahren, als Friedmann mit seinem damals viel diskutierten Buch "Einheit statt Raketen - Thesen zur Wiedervereinigung Deutschlands als Sicherheitskonzept" die Einheit der Nation auf die politische Tagesordnung setzen wollte und dabei sowohl Linke, ob ihrer Vorbehalte gegen einen deutschen Nationalstaat, als auch Parteifreunde wie Helmut Kohl, ob ihres Dogmas der Westbindung, provozierte: Angesichts politischer Opportunitätserwägungen zählte schon damals nicht, daß Friedmann mit seinem Plädoyer erstens den Verfassungsauftrag ernst genommen und zweitens die Zeichen der Zeit verstanden hatte.

Als politischen Routinier - Friedmann war von 1976 bis 1990 Mitglied des Bundestages - dürfte ihn das Verhalten seiner Partei nicht überraschen. Bekanntlich scheut diese nichts so sehr wie Debatten, in deren Verlauf sie als von der gesellschaftlichen Mitte wegstrebend wahrgenommen werden könnte.

Leider sparte auch Friedmann diese Form von "Distanzieritis" nicht aus. Verdiente Weikersheimer wie Günter Rohrmoser oder Albrecht Jebens werden von ihm als überwundene "Vergangenheit" abgetan, Jung-Weikersheimer gedeckelt und auf Kurs gebracht. Tragisch, wenn sich ein Liberal-Konservativer wie Friedmann solcher "Argumente" weiter bedienen würde. Sie nützen eh nicht.


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