© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Soldaten ohne Vaterland
von Karl Feldmeyer

Angaben des Bundeswehrverbands sind erfahrungsgemäß seriös. Das macht ihre jüngste Umfrage so aufsehenerregend. Mehr als 98 Prozent - also praktisch alle in einer Umfrage erfaßten - Berufssoldaten haben übereinstimmend ausgesagt, daß sie sich von der Politik im Stich gelassen fühlen. Daß dies tatsächlich so ist, ist allen, die mit den Politikern vertraut sind, und die wissen, wofür sie sich wirklich interessieren, seit Jahrzehnten bekannt. Das Thema Bundeswehr lockt niemanden und wer in den Verteidigungsausschuß muß, weiß, daß er auf ein politisch totes Gleis abgeschoben wird.

An dem Desinteresse, ja der Abneigung der erdrückenden Mehrheit der Parlamentarier gegenüber der Bundeswehr hat sich seit ihrer Gründung vor 50 Jahren nichts geändert. Sie wurde den Parteien damals von den Fakten aufgezwungen. Der Rest war gute Miene zu einem Spiel, zu dem man keine Neigung fühlte. "Na, denn siegt mal schön" war alles, was Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten, einfiel, als er die Soldaten im Manöver besuchen mußte. Seit dem Ende des Kalten Kriegs zeigen alle Parteien mit dem was sie der Armee an Geld zur Verfügung stellten, welchen Stellenwert sie ihr tatsächlich zubilligen: Sie lassen sie in ihren Kasernen buchstäblich verrotten, frei nach dem Motto "Wer Soldat wird, ist selbst schuld".

Die Soldaten spüren es trotz aller Worthülsen, die ihnen das Gegenteil vorgaukeln sollen: Sie sind die Armee eines Staates, der sie weder schätzt noch ihren Wert zu begreifen vermag. Sie sind Soldaten ohne ein wirkliches Vaterland.


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