© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/07 27. April 2007

Überschaubare Geschichte
US-Historie komprimiert
Peter Lebitsch

Drei Universitätsdozenten, Philipp Gassert, Mark Häberlein und Michael Wala, resümieren die US-amerikanische Historie. In ihrer Generalanalyse fehlen jedoch kritische Angriffslust und Esprit, manche Beiträge geraten sehr affirmativ.

Der Anfang enthält schon das halbe Ganze. Die im 17. und 18. Jahrhundert konstruierte Basis trägt noch heute. Englische Whig-Tradition prägte das koloniale Amerika und bedingte extreme soziale Gegensätze. Land- und Sklavenbesitzer, Handelsherren, freie Grundeigentümer, puritanische Geistliche dominierten. Am unteren sozialen Ende folgten "servants" und afrikanische Sklaven. Ob Millionen Ureinwohner, ohne deren Hilfe die frühen Kolonisten wohl kaum überlebt hätten, einem Völkermord zum Opfer fielen, verschweigen die Autoren. Weshalb durften Indianer und Sklaven keine Menschenrechte beanspruchen? "Freiheit und Eigentum" lauteten die Maximen des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Als er 1783 endete, existierte nur ein lockerer Staatenbund, der weder außen- noch finanzpolitisch handeln konnte. Die bundesstaatliche Verfassung von 1787 betonte Gewaltenteilung und Machtbalance. Oligarchische Gruppen gaben den Ton an.

Der Bochumer Historiker Michael Wala schildert den Aufstieg der USA zur Weltmacht. Schon 1823 wollten amerikanische Politiker die "westliche Hemisphäre" kontrollieren, was der fünfte Präsident James Monroe skizzierte. 1898 folgte dem Ende der inneren "frontier" die Wendung nach außen. Amerikanisches Sendungsbewußtsein mündete in der Globalpolitik des 20. Jahrhunderts. Wenig schreiben die Autoren darüber, was diese beispiellose Dynamik verursachte. Stimuliert die Amerikaner eine weltliche Religion, vorgetragen in der Sprache des Individualismus, Materialismus, Pragmatismus, auch der Spiritualität? Gefährdet die liberale Verfassung, der soziale Rechte fehlen, demokratische Prinzipien? Seit den Kongreßwahlen von 1994, erst recht unter George W. Bush, triumphiere das konservative Amerika. Steuern fallen, Neoliberale regieren, Kriegsabenteuer endeten in furchtbaren Sackgassen. Reißt der innen- wie außenpolitisch hart gespannte Bogen?

Philipp Gassert, Mark Häberlein, Michael Wala: Kleine Geschichte der USA.Reclam Verlag, Stuttgart 2007, gebunden, 550 Seiten, 19,90 Euro


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