© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/07 27. April 2007

Doppelt abgefallen
von Rolf Sauerzapf

In Malatya, der Geburtsstadt des im Januar in Istanbul ermordeten armenischen Intellektuellen Hrant Dirk, sind in der vergangenen Woche drei evangelikale Christen, darunter ein Deutscher, von fünf Angehörigen der Grauen Wölfe auf bestialische Weise, die an einen Ritualmord erinnert, ermordet worden.

Bei einem derartigen Mord ist man geneigt, an islamistische Täter zu denken. In diesem Falle ist der Sachverhalt sehr viel komplexer: Die von Kemal Atatürk gegründete türkische Republik versteht sich als laizistischer Staat, wobei aber der Islam ein konstituierendes Element des Turk-Nationalismus ist. Dieser türkisch-islamischen Synthese stehen zum Christentum Konvertierte entgegen. Sie sind vom Islam und vom Türkentum abgefallen. Ihre "Konvertitenkirchen" sind daher illegal. Aber auch die seit fast 2.000 Jahren etablierten Kirchen der Griechen und Armenier werden allenfalls als "Stiftungen" betrachtet.

In der Türkei wird seit einiger Zeit künstlich Angst vor "Missionaren" geschürt. Diese zumeist amerikanischen und koreanischen Missionare sollen ca. 5.000 Türken für ihre evangelikalen (Haus-) Kirchen gewonnen haben. Das aber müßten türkische Stellen hinnehmen, wenn sie die europäischen Maßstäbe für Religionsfreiheit einhalten wollen. Solange dies nicht erkennbar der Fall ist, kann vor einer Aufnahme der Türkei in die Europäische Union nur dringend gewarnt werden.

 

Dr. Rolf Sauerzapf war Dekan beim Bundesgrenzschutz und ist Vorsitzender der "Hilfsaktion Märtyrerkirche", die sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen