© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/07 20. April 2007

Geschenke statt Probleme
Demographie: Die "Woche für das Leben" der beiden großen Kirchen widmet sich in diesem Jahr dem Nachwuchs in Deutschland
Peter Freitag

Mit einer "Woche für das Leben" wollen die katholische und die evangelische Kirche vom 21. bis zum 28. April 2007 das Thema "Kinder" in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rücken. Dazu sollen deutschlandweit in allen Diözesen und Landeskirchen Veranstaltungen und Gottesdienste mit entsprechenden Schwerpunkten stattfinden, deren Ausgestaltung den Gemeinden freigestellt bleibt. Von seiten der beiden Kirchen sind ein Rahmenprogramm und Vorschläge vorbereitet worden, die in einem Themenheft zusammengefaßt sind. "Kinder sind ein Segen. Es ist unsere Aufgabe, ihnen auf ihrem Weg in die Zukunft Begleitung und Orientierung zu geben", so fassen die Organisatoren ihr Anliegen zusammen, zu einer "kinderfreundlicheren Gestaltung unserer Gesellschaft" zu gelangen.

Eröffnet wird die "Woche für das Leben" mit einem ökumenischen Festgottesdienst in Bremen, an dem unter anderem der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, und die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann teilnehmen werden.

Hilfestellungen bei der religiösen Erziehung

In einer Stellungnahme zum Programm der "Woche für das Leben" sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber: "Als Geschöpf Gottes ist jedes einzelne Kind ein Segen und hat auch verdient, so behandelt zu werden." Und er betonte auch, daß Kinder kein Problem, sondern ein Geschenk seien. Während der Veranstaltungsreihe wollen die beiden Kirchen die verantwortungsvolle Arbeit der Eltern in den Vordergrund rücken, gleichzeitig auch die umfangreichen Angebote kirchlicher Einrichtung zur Kinderbetreuung und Familienhilfe vorstellen. Eine eindeutige Positionierung im Streit um das Thema "Krippen" vermeiden beide Kirchen; ihnen gehe es eher um die Verbesserung der Qualität frühkindlicher Förderung sowohl in der Familie als auch in der institutionalisierten Betreuung. Besonders betonen die Kirchenvertreter die Bedeutung religiöser Unterweisung im Elternhaus und in Betreuungs- oder Bildungseinrichtungen für Kinder. Kardinal Lehmann bedauerte in diesem Zusammenhang, daß "im Hinblick auf die religiöse Erziehung ... viele Eltern heute vor großen Schwierigkeiten" stehen und "angesichts eines oft brüchigen Verhältnisses zur eigenen Tradition verunsichert" seien; unter dem Veranstaltungsmotto "Mit Kindern ein Stück ihres Weges in die Zukunft gehen" soll dieses Problem thematisiert und den Eltern Unterstützung angeboten werden. Denn Kinder, darin sind sich die Verantwortlichen beider Kirchen einig, bräuchten verläßliche Antworten auf ihre kindlichen Fragen zu Gott.

Bischof Huber wandte sich gegen eine "Verzweckung" in der politischen Debatte: "Kinder werden nicht geboren, damit die Reproduktionsrate in Deutschland wieder über 1,4 Kinder pro Familie steigt. Sie werden geboren aus Liebe, in ganz unterschiedlichen Lebenslagen", so der Ratsvorsitzende. Das Begleitheft der "Woche für das Leben" bietet neben Vorschlägen zur Gottesdienstgestaltung und Kontaktadressen kirchlicher Einrichtungen auch Kurzbeiträge, in denen auf einige Aspekte des Themas, etwa die Bedeutung von Religion in der frühkindlichen Entwicklung, eingegangen wird. Huber fordert in seinem Beitrag einen Einstellungswandel der heutigen "Multioptionsgesellschaft", in der die Familie unter konkurrierenden Lebensentwürfen die schlechteren Karten hat, da sie als zu verbindlich und mit Risiken verbunden gilt. Gegen "Egoismus und fehlendes Verantwortungsbewußtsein" setzt Huber "den Zauber einer tragfesten Verbindung von Freiheit und Verantwortung in der Liebe" zu den anvertrauten Kindern, die als Segen und Geschenk Gottes wahrzunehmen seien.

Die Frage nach den Ursachen stellt Huber nicht

Die Frage nach den Ursachen oder gar Verantwortlichen für die von ihm beschriebene Fehlentwicklung stellt Huber nicht, seine Kritik beschränkt sich allgemein auf die heutige "Gesellschaft". In den amtskirchlichen Beiträgen zur "Woche für das Leben" ist das Bemühen erkennbar, auf der einen Seite zwar eine betont christliche Position zu vertreten, dabei aber möglichst keiner anderen politischen oder weltanschaulichen Gruppierung zu nahe zu treten.

So findet sich beispielsweise in der Themendarstellung ein kleiner Hinweis darauf, daß das "Menschsein vor der Geburt beginnt", eine gesonderte Veranstaltung oder ein Beitrag zum Thema Lebensschutz samt einer Stellungnahme gegen die hohe Zahl von Abtreibung unterbleibt jedoch im offiziellen Rahmen von EKD und katholischer Bischofskonferenz.


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