© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

Gewaltige Wahlhilfe für die Rechten
Frankreich: Ausschreitungen im Pariser Nordbahnhof / Einwandererjugendliche plündern und greifen Ordnungskräfte an
Carl Gustaf Ströhm jr.

Wer Erklärungen dafür sucht, warum die vier rechten Präsidentschaftskandidaten - Nicolas Sarkozy, Jean-Marie Le Pen, Philippe de Villiers und Frédéric Nihous - am 22. April zusammen wohl über die Hälfte der Stimmen bekommen werden, konnte am 27. März am Pariser Verkehrsknotenpunkt Gare du Nord fündig werden. Es war der Tag, an dem im Stade de France das Fußball-EM-Qualifikationsspiel Frankreich - Österreich (es endete 1:0) stattfand. Unter den 68.000 Zuschauern waren auch zahlreiche Österreicher, die das Sportereignis zu einem touristischen Abstecher in die Seine-Metropole nutzen wollten.

Und so wurden auch meine Freunde und ich ungewollt Zeuge der stundenlangen gewalttätigen Ausschreitungen von jugendlichen Randalierern. Bei der Ankunft am Nordbahnhof roch es schon nach Verbranntem. Man hörte Schreie, es lagen Feuerlöscher und andere Gegenstände am Boden herum. Als wir die Treppen Richtung Métro hinaufgingen, sahen wir Dutzende von Sicherheitskräften in voller Ausrüstung. Auf der anderen Seite tobten zum Teil vermummte Jugendliche, die wie von Sinnen mit Stangen gegen die Glasscheiben der dortigen Geschäfte und Einrichtungen einschlugen. Immer wieder lieferten sie sich mit der Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel, wobei die Randalierer verschiedenste Gegenstände als Wurfgeschosse gegen die Ordnungskräfte verwendeten. Zivilpolizisten fischten diejenigen aus der Menge, die sie beim Scheibeneinschlagen oder Plündern beobachtet hatten. Für die Polizisten war es nicht leicht, diejenigen zu fassen, da sich diese immer wieder unter die Menge mischten. Auffallend war, daß fast alle Randalierer einen offensichtlichen Migrationshintergrund hatten. Und je länger die Randale anhielten, desto aggressiver wurde die Stimmung und die Parolen gegen "den Staat" und seine "Bullen" und die "Chefs". Der Anlaß für die jüngste Gewaltorgie war ganz banal: Ein Mann wurde beim Schwarzfahren erwischt. Doch dieser weigerte sich, mit den Kontrolleuren mitzugehen. Als der 32jährige dazu noch aggressiv wurde, rief man die Gendarmerie zu Hilfe, sie nahm den Randalierer fest. Doch schnell verbreitete sich das Gerücht, daß der Mann ohne Fahrschein aus Schwarzafrika stamme und von der Polizei "mißhandelt" worden sei. Das Chaos nahm seinen Lauf. Während dieser Zeit war der wichtigste Pariser Bahnhof stillgelegt. Neun Verletzte und dreizehn Festnahmen waren die offizielle Bilanz dieses Abends.

Während die sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal zu den Vorfällen erklärte, Sarkozy sei als Innenminister "auf der ganzen Linie gescheitert", konterte der bei einem Besuch im Gare du Nord: "Ich stehe nicht auf der Seite der Schwarzfahrer, Betrüger und Unehrlichen." Und 39 Prozent der Franzosen glauben (laut einer Le Figaro-Umfrage) daher, daß mit ihm als Präsident derartige Ausschreitungen abnehmen würden. Auf Platz zwei liegt mit 38 Prozent Le Pen. Royal trauen nur 17 Prozent zu, die alltägliche Gewalt eindämmen zu können.


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