© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/07 16. März 2007

Reinigendes Gewitter
von Claus-M. Wolfschlag

Die Tagespresse feierte, Kanzlerin Merkel hätte auf dem Brüsseler EU-Gipfel strenge Klimaschutz-Vorgaben durchgesetzt. Doch die Vorreiterrolle Europas fällt noch dürftig aus. Bis 2020 soll der Ausstoß des Treibhausgases CO2 nur um 20 Prozent reduziert, der Energiebedarf nur zu einem Fünftel durch Alternativ-Techniken gedeckt sein. Weiterhin wird also in die Luft geblasen, was Jahrmillionen im Schoß der Erde sicher gelagert hatte, und angesichts des herrschenden Wachstumsfetischismus ist wirkliche Drosselung kaum gewollt.

Die nächsten Jahre werden von Augenwischerei und kosmetischen Halbheiten geprägt sein. Auch eine gespenstische Kernkraft-Debatte wird uns begleiten. Die industrielle Moderne und der sie antreibende liberale Kapitalismus haben mittlerweile das Denken völlig okkupiert. Alternativen zu unserer Naturschätze verschwendenden Lebensweise sind aus dem Blickfeld der Vorstellungskraft gerückt. Die konsumgewohnte Gesellschaft tröstet sich trotz alarmierender Forschungsergebnisse zum Klimawandel mit der bequemen Hoffnung, alles werde schon "weiter so" gehen.

Doch die Verbrennungskultur scheint an ihr Ende zu kommen. Und alte konservative Forderungen nach Verzicht, Bescheidenheit, Fürsorge, Ehrfurcht, Entschleunigung und Heimatliebe erhalten neue Kraft. Eine konservative Revolution steht bevor. Deren soziale Basis ist die machtvoll zurückschlagende Natur. Und ein reinigendes Gewitter bewirkt diese bereits: Die Allianz zwischen Konservativen und Neoliberalen ist aufgekündigt.


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