© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/07 16. März 2007

In doppelter Mission
von Christian Rudolf

Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Freitag erneut zu einem Arbeitsbesuch nach Warschau. Bei den Begegnungen mit Regierungschef Jarosław und Staatspräsident Lech Kaczyński wird sie über die geplante US-Raketenstationierung, die Energiesicherheit für Polen sowie über Zusammenarbeit beim Schutz des Weltklimas sprechen.

Wegen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verlassen die Themen also den engen Kreis deutsch-polnischer Angelegenheiten. Gesprächsbedarf gibt es trotzdem genug: Polen hat sich in puncto Raketenstationierung reflexhaft auf die amerikanische Seite geschlagen, ohne die anderen EU- und Nato-Mitglieder im Vorfeld zu konsultieren, und damit viel Unruhe in das europäische Verhältnis zu Rußland gebracht. Die Liefersicherheit bei Öl und Gas betrifft die ganze Union - wegen des deutsch-russischen Geschäfts mit der Ostsee-Fernrohrleitung ständig die beleidigte Leberwurst zu spielen, steht Warschau schlecht zu Gesicht und beinhaltet keine Perspektive. Vielmehr könnte Merkel für die Energieerzeugung aus nichtfossilen Energieträgern werben, die zwischen Oder und Bug noch in den Kinderschuhen steckt.

Doch die Besucherin, mit dem Rückhalt der Ratspräsidentin versehen, sollte gewappnet sein: Die "hochneurotische Regierung" Polens, von der Erika Steinbach, die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, unlängst sprach, wird Merkel schon bei nächstbester Gelegenheit daran erinnern, daß sie in erster Linie als deutsche Kanzlerin wahrgenommen wird und erst in zweiter als Präsidentin des Rats.


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