© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/07 09. März 2007

Kolumne
"Was tun?"
Rolf Stolz

Auch Autoren sind Menschen, auch Autoren freuen sich über Lob. Bernd Sydow hat kürzlich in der JF in einem Leserbrief meine Analyse der aktuellen Merkeleien sehr positiv bewertet, aber im gleichen Atemzug gefragt, wie es denn mit dem Ausweg sei, was man denn tun solle, um zu einer politischen Alternative zu gelangen.

Ja, "Was tun?", die berühmte Titelfrage Lenins, ist mehr als aktuell. Aber die Antworten werden wir nicht durch "Schlag nach bei ..." finden. Die Klassiker des wertbewahrenden und methodisch revolutionären Denkens können uns helfen, präziser und umfassender zu fragen. Die Antworten aber sind in den heutigen Tatsachen zu finden, und nur da.

Und was lehren sie uns? Erstens: Im Deutschland von 2007 sind die drei früher werttragenden und zur Leitung des Staates befähigten Schichten - die stark preußisch geprägte Aristokratie, das (oft unbemerkt) stark jüdisch beeinflußte Bildungsbürgertum, die durch Bildung und Selbstbewußtsein gekennzeichnete Arbeiterelite - durch NS-Barbarei und Nachkriegskapitalismus bis auf Reste und Spurenelemente verschwunden. Eine trübe Mischung aus kleinbürgerlichen Emporkömmlingen, hirn- und rückgratlosen Funktionären und degeneriert-verspießertem "Juste Milieu" beherrscht die Szene.

Zweitens: Deutschland hat mit 15 Millionen Menschen "mit Migrationshintergrund" (die Hälfte davon mit deutschem Paß) ein Fünftel Fremde im Land - teils Freunde, teils Feinde alles Deutschen, teils auf dem Weg, Einheimische zu werden, teils auf dem Weg, über die Ghettos und die demographische Waffe in ein bis zwei Generationen ein Scharia-Germanistan zu erringen.

Die Konsequenz: Eine neue Kraft muß sich zuerst an die wenden, die sich von rechts bis links auf eine Aristokratie des Geistigen ausrichten, die die Kultur und das Schöpferische verfechten gegen die Dummköpfe und die Barbaren. Eine neue Kraft muß die Migranten(kinder) aufnehmen, die für Assimilation und den Vorrang der Mehrheit eintreten, und mit ihnen zusammen das verlorene Terrain für Deutschland zurückerobern. Eine solche Kraft muß versuchen, kulturell Einfluß zu gewinnen, ehe sie an politische Macht denken kann. Organisationsfetischismus und Gründungsfieber, um die nächste rechte Pleitenpartei zu stiften, faule Kompromisse mit den Denkfaulen und Charakterschwachen vom rechten Rand, Illusionspolitik einer Rückkehr zur guten alten Zeit - all das führt in die Sackgasse und direkt gegen die Wand.

 

Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt heute als Publizist in Köln.


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