© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

Recht auf Abwegigkeit
von Eike Erdel

Das Landgericht Mannheim hat den bekannten Holocaust-Leugner Ernst Zündel wegen Volksverhetzung zur Höchstfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seit der Einführung der Strafbarkeit des Holocaust-Leugnens 1994 und erst recht seit der Verschärfung des Straftatbestandes 2005 werden Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Strafnorm mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit geäußert.

Das Bundesverfassungsgericht hält grundsätzlich die Strafbarkeit des Holocaust-Leugnens mit dem Grundrecht auf Meinungsäußerung für vereinbar, weil das Grundrecht nur die Äußerung von Meinungen schütze, nicht die Behauptung unwahrer Tatsachen. Die Abgrenzung zwischen Tatsachen- und Meinungsäußerung ist allerdings schwierig: Wird eine Tatsachenäußerung mit einer Meinungsäußerung verbunden, genießt auch sie den Schutz der Meinungsfreiheit. Praktisch dürfte sich beides auch bei der Holocaust-Leugnung kaum trennen lassen.

In einer freiheitlichen Demokratie muß es auch möglich sein, falsche Ansichten zu äußern. Jeder hat das Recht, sich durch Äußerung einer abwegigen Meinung lächerlich zu machen. Die Strafbarkeit des Leugnens des Holocaust gibt den Revisionisten ein gefährliches Argument an die Hand, welches sie ohne die Kriminalisierung solcher Äußerungen nie hätten: Sie können sich darauf berufen, daß ihre unliebsamen Thesen nicht mit Argumenten oder Fakten widerlegt und daher nur durch Verbot unterdrückt werden können. Durch diese Märtyrerrolle werden sie unnötig aufgewertet.


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