© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/07 16. Februar 2007

Meldungen

Neuer deutscher Mythos: die Reform-Gemeinschaft

BERLIN. Die "politischen Mythen der Deutschen" läßt der Berliner Politologe Herfried Münkler in den Blättern für deutsche und internationale Politik (02/2007) Revue passieren. Nicht aus historisch-antiquarischem Interesse, denn die "teutonischen" Mythen der Zeit bis 1945 hätten nur eine "verhängnisvolle" militärische Weltwahrnehmung ermöglicht und könnten vergessen werden. Und die ökonomischen BRD-Gründungsmythen, "Währungsreform und Wirtschaftswunder", seien der Globalisierung zum Opfer gefallen, nicht zu reden von der "antifaschistischen Legimitationserzählung der DDR". Sondern Münkler blickt vergleichend zurück, weil sich inzwischen eine "politisch-mythische Unterdeckung des wiedervereinigten Deutschland" ergeben habe und fraglich sei, ob man auf die "motivierende und mobilisierende Kraft mythischer Narrationen" verzichten könne. Von Werbeagenturen ("Du bist Deutschland") lasse sich das Bedürfnis nach "großen Erzählungen" nicht stillen. Aber vielleicht von der FAZ, wie Tom Karasek im selben Heft anhand der "Globalisierungssemantik" der "Zeitung für Deutschland" nachzuweisen bemüht ist. Arm in Arm mit Bundespräsident Köhler erzähle die FAZ die Mär von der Nation als Reform-Gemeinschaft im Überlebenskampf, den eine als "Schicksal" gedeutete Globalisierung "uns allen" abverlange.

 

Religion ein Werkzeug der Partnerwerbung

LEINFELDEN. Der islamistische Kampf gegen die "Verwestlichung der Welt" scheint dem "Phänomen" Religion im aufgeklärten atlantischen Wissenschaftsdiskurs ungeahnte Aufmerksamkeit zu bescheren. Neurologen forschen nach dem "Gottesgen", Statistiker errechnen die "Wahrscheinlichkeit" der Existenz Gottes, Mathematiker bieten die "Gottesformel" feil. Rüdiger Vaas dokumentiert, daß damit gerade auf naturwissenschaftlicher Basis die Forschungsaktivitäten noch nicht an ihre Grenzen gestoßen sind (Bild der Wissenschaft, 2/2007). Vornehmlich angelsächsische Evolutionsbiologen führen den Glauben an ein höheres Wesen auf eine "Primatenhirn-Konstruktion" zurück. Religion habe sich als kompensatorisches "psychisches Placebo" im Überlebenskampf bewährt, was freilich schon Nietzsche auf die Kurzformel brachte: "Leiden war's und Unvermögen, das schuf alle Hinterwelten." Neu in den soziobiologischen Spekulationen ist lediglich die Hypothese, daß Religiosität ein "Werkzeug zur Partnerwerbung" gewesen sei. Die sexuelle Selektion begünstigte den männlichen Partner, der durch größeren "religiösen Aufwand" seine Treue und Verläßlichkeit bei der Aufzucht des Nachwuchses signalisierte.

 

Sachbuch-Bestseller nun auch als Netzausgabe

MÜNCHEN. Das 2003 erschienen Buch "1939 - der Krieg, der viele Väter hatte" von Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof (JF 35/03), welches mittlerweile (September 2006) in fünfter Auflage erschienen ist und nach Angaben des Münchner Olzog-Verlages über 26.000 Mal verkauft wurde, liegt inzwischen als Netzausgabe vor (www.vorkriegsgeschichte.de). Der Sachbuch-Bestseller setzt sich kritisch mit den Ursachen des Zweiten Weltkrieges auseinander, weist auf verschiedene Fälschungen alliierter Geschichtsschreibung hin und verwirft insgesamt die These der Allein- oder Hauptkriegsschuld des Deutschen Reiches.

 

Erste Sätze

Nur schwer kann sich die heutige Menschheit in jene Zeit zurückdenken, in welcher England die aufsteigende Weltwirtschaft Deutschlands als Bedrohung der eigenen empfand.

Alfred von Tirpitz, Der Aufbau der deutschen Weltmacht, Hamburg, 1924


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