© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

Frisch gepresst

Politische Theorie. Mit ihrem Lehr- und Textbuch "Politische Theorien und Ideengeschichte" haben sich die Herausgeber Marcus Llanque und Herfried Münkler wirklich alle erdenkliche Mühe gegeben, um das Werk als Seminarlektüre, vielleicht sogar schon für die "Politische Weltkunde" der gymnasialen Oberstufe zu empfehlen (Akademie Verlag, 480 Seiten, gebunden, 29,80 Euro). Die schier unüberschaubare Materie ist didaktisch geschickt aufbereitet. Großkapitel über "Politisches Agieren und Akteure der Politik" (wo Münkler seine Reflexionen über das Thema mit knappen Texten von Thukydides bis Ludendorff und Mao unterlegt), "Politische Institutionen" und "Politische Normen" strukturieren den Zugang zu den dort präsentierten Quellen politischer Philosophie. Dem löblichen pädagogischen Impetus wurden allerdings die Flügel brutal beschnitten, da der Ladenpreis auf Schüler und Studenten nachhaltig abschreckend wirken dürfte.

 

Fremd. "Was ist 'deutsch' und was ist 'ausländisch'?" fragt Kerstin Finkelstein in ihrem neuen Buch "Eingewandert". Inzwischen lebten sieben Millionen Ausländer, drei Millionen Einbürgerte und über vier Millionen Spätaussiedler hierzulande - Zahlen, die lange Zeit heruntergespielt wurden. Doch die neue Offenheit täuscht: Auch Finkelstein verliert sich in endlosen Überlegungen darüber, was Fremdsein überhaupt bedeutet. Spätestens im Kapitel "Wie fremd darf es denn sein?" setzt sie schließlich Vertriebene, Spätaussiedler und Mitteldeutsche mit eingewanderten Ausländern gleich. Dabei seien viele der "Ausländer" gar in Deutschland geboren und somit auch "deutscher" als jene, die zwar einen deutschen Paß besäßen, aber woanders aufgewachsen sind. Diese Art von Programmatik gehört allerdings nicht in ein Buch, das den Anspruch erhebt, eine objektive Zusammenfassung über Einwanderungsgeschichte zu bieten (Eingewandert. Deutschlands "Parallelgesellschaften". Christoph Links Verlag, Berlin 2006, broschiert, 227 Seiten, 16,90 Euro).

 

Bikulturell. In Deutschland leben 15,3 Millionen Menschen mit "Migrationshintergrund". Die Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, Cornelia Spohn, hat aus dieser Schar zwölf Biographien herausgepickt, um deren "bikulturelle" Lebensweise zu porträtieren. Dabei hat sie praktischerweise einen gemessen an der Sozialstruktur wenig repräsentativen Querschnitt gewählt. Acht der zwölf Beiträger haben Abitur oder eine akademische Qualifizierung, die vier anderen sind beruflich abgesichert oder auf dem Weg dahin. Insofern klingt die oft gehörte Floskel, "von der Stärke und dem kreativem Umgang mit Vielfalt zu lernen", wie eine zweckmäßige Bestätigung, die leider an der Alltagswelt der Migranten zweiter und dritter Generation völlig vorbeigeht. Interessant ist zudem, daß eine "deutsche Lebenswelt" selbst von vielen dieser Integrierten allenfalls als wenig erstrebenswerte Alternative angesehen wird (Zweiheimisch. Bikulturell leben in Deutschland. Edition Körber Stiftung, Hamburg 2006, broschiert, 195 Seiten, 14 Euro).


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