© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

"Ich kämpfe für die Würde der Frauen"
Italien: Morddrohungen gegen die rechtsnationale Abgeordnete Daniela Santanchè / Islamkritisches Buch polarisiert
Paola Bernardi

Die Todesdrohung kam per Post Anfang Januar in Rom an. Die Sendung war an das Brieffach der Kammerabgeordneten Daniela Garnero Santanchè im italienischen Parlament gerichtet. Der Umschlag enthielt nur zwei Seiten, aber deren Inhalt und Sprache waren überdeutlich: ein Blatt in arabischer Sprache, das andere in englischer.

Hinzugefügt war die handschriftliche Warnung: "Deine Stunde hat geschlagen", das Foto der Leiche des am 2. November 2004 bestialisch erstochenen holländischen Regisseurs Theo van Gogh sowie ein Bild der liberalen niederländischen Ex-Abgeordneten Ayaan Hirsi Ali (VVD). Die Islamkritikerin stand nach Todesdrohungen von Islamisten seit 2002 unter permanenten Polizeischutz. Seit 2006 lebt sie in den USA.

Daniela Santanchè, Abgeordnete von der rechtsnationalen Oppositionspartei Allianza Nazionale (AN), lebt seitdem in Todesangst. Seit die wegen ihrer Islam-kritischen Haltung bedrohte italienische Parlamentarierin im Herbst vergangenen Jahres eine Kampagne gegen die Zwangsverschleierung der in Italien lebenden Moslem-Frauen startete, hat sich ihr Leben schlagartig verändert.

Als sie am 22. Oktober 2006 in der Diskussionssendung "Controcorrente" des Senders SkyTg24 mit dem Imam von Segrate bei Mailand, Ali Abu Shwaim, zusammentraf, eskalierte die Situation. Schon während der Sendung hatte der Islamist die AN-Abgeordnete als "falsch und ungläubig" bezeichnet und ihr vorgeworfen, Haß zu schüren. Als die so Gescholtene dann sogar erklärte, das islamische Kopftuch sei "kein religiöses Symbol", "nicht vom Koran vorgeschrieben", sondern "wie der gelbe Stern für Juden", lief die Sendung aus dem Ruder. Der Imam begann Santanchè zu beschimpfen. Seine Worte wurden als Mordaufruf interpretiert. Seitdem wird sie auf Veranlassung des Innenministeriums Tag und Nacht von einer Eskorte begleitet und bewacht.

Doch sie gibt nicht auf, läßt nicht nach. Mädchen unter 18 Jahren soll verboten werden, den islamischen Schleier in der Öffentlichkeit zu tragen, heißt es in dem Gesetzentwurf, für den die italienische Abgeordnete kämpft. "Denn mit elf oder zwölf Jahren kann man nichts selber entscheiden, und es ist wichtig, daß vor allem in den Schulen alle Kinder gleich sind."

Santanchè hielt an ihrer Islam-Kritik fest. Sie betont überall, wo sie in Debatten auftritt, daß sie fest von der Überlegenheit unserer Zivilisation überzeugt sei. "In den islamischen Ländern können Frauen gesteinigt werden, und die Polygamie ist legal", so die resolute Abgeordnete.

Begonnen hat ihr "Kampf" mit dem Erscheinen ihres Buch "La donna negata" (Die verleugnete Frau). Darin beschreibt sie Einzelschicksale von unterdrückten muslimischen Frauen in Europa, die nur der Willkür ihrer Ehemänner ausgeliefert sind.

Die 30jährige Algerierin Amina zum Beispiel lebt im Hinterland von Turin. Als ihr Ehemann eine zweite Frau nahm und sie sich weigerte, mit dieser zusammenzuleben, wurde sie krankenhausreif zusammengeschlagen. Auf die Frage, ob sie denn keine Freunde habe, die ihr helfen könnten, die sie verteidigten, antwortete Amina : "Ich habe nur einen ständigen Begleiter - das ist die Angst." Während ihr Ehemann auf dem Polizeirevier immer wieder beteuerte: "Das sind meine Frauen, damit kann ich machen, was ich will. Warum dieser ganze Aufwand?"

Zahlreiche Einzelschicksale werden in diesem Buch aufgelistet, die schlimm endeten. Wie die Geschichte von Souid, die von ihrem marokkanischen Ehemann vom Balkon geworfen wurde, als er erfuhr, daß sie schwanger war und nicht mehr arbeiten konnte. Oder die Geschichte der 16jährigen Samira, die ausgepeitscht wurde, weil sie den ausgewählten Ehemann nicht heiraten wollte. Halbtot wurde sie von der italienischen Polizei gerettet.

15.000 islamische Frauen in Italien leben in Polygamie

Oder die junge Amel, die ohne Schleier von ihren Verwandten im Auto auf der Straße überrascht wurde. Ihre Cousins gaben Gas - sie starb auf der Stelle einen Unfalltod. Soumaya wurde von den Männern ihrer Familie zusammengeschlagen, weil sie ihre Haare blond gefärbt hatte, und die junge Sobia wurde von ihrer Familie gezwungen, Gift zu trinken, weil sie einen "westlichen" Freund hatte. Sie starb an Verätzungen.

Santanchè schreibt, "in jeder Stadt in unserem Land gibt es eine Parallel-Stadt, in der Frauen geschunden und mißbraucht werden. Alles geschieht unter dem Deckmantel des Schweigens, nur ab und zu bringen schwere Verletzungen oder tödliche Unfälle Licht in diese verdrängte Welt."

Allein in Italien leben derzeit etwa 15.000 islamische Frauen in Polygamie. Italienische Gerichte können nicht eingreifen, weil die Vielweiberei nur bei italienischen Bürgern ein Delikt ist und sonst nicht verfolgt werden kann. Jeder "gute Moslem kann bis zu vier Frauen heiraten und sich noch eine dazu mieten wie ein Auto", schreibt die AN-Abgeordnete. Es ist eine emotionale Apokalypse, die sich in diesen arabischen Einzelschicksalen darbietet.

In dieser akuten Krisenzeit stellt Santanchè den Islam hemmungslos an den Pranger und hält ihren eigenen Landsleuten einen Spiegel vor. Den Traum vom Zusammenleben der Kulturen und Religionen läßt sie illusionslos platzen. Das Buch wurde inzwischen von islamischen Internetseiten als auch vom iranischen Staatsfernsehen schärfstens verurteilt. Doch die Abgeordnete schickt sich weiter an, es mit dem Rest der islamischen Welt aufzunehmen. "Wir müssen die Frauen, die versteckt hinter ihrem Schleier sind, befreien und an ihrer Seite stehen", sagt sie. Schon jubeln die Medien, eine "neue Oriana Fallaci ist erstanden".

Wer nun eine reizlose Feministin in Sack und Asche vor Augen hat, irrt gewaltig. Schon 1995 trat Santanchè in die damals noch als postfaschistisch verteufelte Partei Alleanza Nazionale ein, 2001 zog sie erstmals ins Parlament ein. Die heute 45jährige zählt dort zu den elegantesten Erscheinungen. Wo immer sie auftaucht, zielen die Lichter der Fernsehkameras auf sie - elegant, immer mit hohen Absätzen, langen Ohrringen, den Kellybag am Arm, Hermes-Tuch lässig umgeknotet und die langen Haare stets frisch frisiert. In den Salons von Mailand, wo die 1961 in Cuneo/Piemont Geborene verkehrt, ist sie stets eine Zierde jedes Gastgebers. Santanchè, die Politische Wissenschaften in Turin studierte und ihren Master an der Bocconi in Mailand gemacht hat, ist zudem selber Unternehmerin einer Kommunikationsgesellschaft.


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