© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

Linkspartei wehrt sich gegen Beobachtung
Verfassungsschutz: Sammlung von Informationen über Bundestagsabgeordnete "inakzeptabel" / "Relikt des Kalten Krieges"
Ekkehard Schultz

Schon seit über einem Jahrzehnt ist die PDS in mehreren Bundesländern ein Regierungspartner der Sozialdemokraten und eine gefragte Partei für Minderheitenregierungen von links. So ist es nicht verwunderlich, daß die nunmehrige Linkspartei gerade von Sozialdemokraten häufig als "normale politische Kraft im demokratischen Parteienspektrum der Bundesrepublik" bezeichnet wird. Doch ein Hindernis steht der Partei bis zur endgültigen gesellschaftlichen Rehabilitierung noch im Weg: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hält an der Beobachtung der PDS fest.

Ernüchtert mußte die Linkspartei-Fraktion vor zwei Wochen registrieren, daß auf ihre Anfrage im Bundestag die Regierung mitteilte, es gebe "keine Veranlassung" , die Informationssammlung zu schließen. Denn nach wie vor seien "Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen" bei der PDS zu beobachten. Darauf kündigte die Partei durch ihren Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Maurer am vergangenen Mittwoch an, ihre Bemühungen deutlich zu verstärken, um die Fortsetzung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu unterbinden.

Die Partei stützt sich dabei in erster Linie auf folgende Argumente: Zum einen zweifelt die Fraktionsspitze an der Versicherung des Verfassungsschutzes, wonach gegen Bundestagsabgeordnete keine nachrichtendienstlichen Mittel eingesetzt und nur Informationen aus offen zugänglichen Quellen gespeichert werden.

So seien aus Sicht der Partei gegen den Vizefraktionschef Bodo Ramelow "definitiv" inoffizielle Mitarbeiter und V-Leute eingesetzt worden. Ramelow hat inzwischen vor dem Kölner Verwaltungsgericht eine Klage gegen seine Überwachung eingereicht.

Dietmar Bartsch von der Linkspartei geht indes noch weiter: Nach seiner Auffassung ist bereits das Sammeln von Daten aus öffentlich zugänglichen Publikationen über führende Politiker der PDS durch den Verfassungsschutz "ein inakzeptabler Vorgang". Schließlich seien die Bundestagsabgeordneten dazu da, Einsatz und Aktivitäten der Geheimdienste zu kontrollieren; jedoch nicht umgekehrt von diesen selbst überwacht zu werden. Zudem fordert er, daß darüber, "wer oder was extremistisch ist ... eigentlich die Parlamentarier als gewählte Volksvertreter entscheiden" müßten.

Im Wettbewerb der Parteien sieht sich die Linkspartei daher "massiv beeinträchtigt" und "diskriminiert". Ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei "ein Relikt des Kalten Krieges", sagte Bartsch. Diese Beurteilung bezieht er allerdings nicht nur auf die Linkspartei, sondern ebenso auf zahlreiche weitere unter dem Verdacht des Linksextremismus stehenden Organisationen.

Forderung nach öffentlicher Rehabilitierung

Sie sind auch in die Forderung der Partei nach einer weitestgehenden öffentlichen Rehabilitierung der "Opfer des Kalten Krieges" einbezogen, worunter die PDS rechtsstaatlich in einer Demokratie verurteilte Personen versteht. Auch zahlreiche lokale Antifa-Verbände - darunter auch solche, die regelmäßig mit der Anwendung von Gewalt aus ihren Reihen aufgefallen waren - sieht die Linkspartei durch den Verfassungsschutz kriminalisiert. Aus dieser Perspektive fordert sie die "Aufhebung der Kriminalisierung antifaschistischer und basisdemokratischer Organisationen".

Auf der anderen Seite hat die PDS seit ihrem ersten Einzug in den Bundestag im Jahr 1990 regelmäßig Anfragen an die Bundesregierung gestellt, ob ihr einzelne Aktivitäten von Parteien, Gruppierungen und Organen des konservativen, rechten und mitunter auch rechtsextremen Spektrums bekannt seien. In der überwiegenden Mehrzahl waren die Anfragen mit der Aufforderung versehen, dem Parlament mitzuteilen, was "die Regierung dagegen zu tun gedenkt". Dies zielte in vielen Fällen auf eine vermehrte Sammlung von Informationen sowie eine strengere Überwachung der aufgeführten Institutionen durch den Verfassungsschutz.


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