© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/07 12. Januar 2007

Religionsfreiheit oder Demokratie
Moscheebau in Wiesbaden
Werner Olles

Die Auseinandersetzung um die Umwandlung eines Supermarktes in eine Moschee der vom Verfassungsschutz als extremistisch eingeschätzten Islamischen Gemeinde Milli Görus auf dem Gräselberg in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden (JF 45/06) kommt möglicherweise doch noch zu einem guten Ende. Da die Umwidmung der Gewerbefläche zu einem Gebetszentrum der Islamisten nach dem Wohnungseigentumsgesetz der Zustimmung aller Eigentümer der Wohnanlage bedarf, sieht es nunmehr so aus, daß die betroffenen Miteigentümer ein Mitspracherecht haben und der Umwidmung nicht zustimmen werden.

Nach Aussage des Verwalters der Wohnanlage, Ralph Schüler, wollen diese keine baulichen Veränderungen hinnehmen und lassen sich daher inzwischen von einem Anwalt vertreten. So könne Milli Görus, die ihren Hauptsitz in Köln hat, trotz einer von der Stadt im April 2006 erteilten Baugenehmigung nicht einfach den Umbau des Supermarktes vornehmen. Schüler, der für die Bürgerliste Wiesbaden (BLW), die gegen die Umwandlung protestierte, als ehrenamtlicher Stadtrat im Magistrat sitzt, äußerte sein Verständnis für die Miteigentümer. Zwar habe er als Verwalter aufgrund einer Teilungserklärung der Veräußerung an Milli Görus gezwungenermaßen zustimmen und auch als Mitglied des Magistrats dessen Entscheidung mittragen müssen, doch eine von einer als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation betriebene Moschee mit angeschlossenen Versammlungsräumen wecke nun einmal bei vielen Menschen berechtigte Ängste.

Bürgerinitiative sammelt Unterschriften

Verhindern wollen den Bau eines islamischen Zentrums auch die Republikaner, die in Wiesbaden vier Stadtverordnete stellen. In einem Antrag an die Stadtverordnetenversammlung forderten sie zuletzt im November den Magistrat unter anderem dazu auf, "alles in seiner Macht stehende zu tun, ab jetzt eine Verhinderung der geplanten Einrichtung dieses Zentrums herbeizuführen". Außerdem sollte der Magistrat aufgefordert werden, zu prüfen, "inwieweit die Rücknahme bereits erteilter Genehmigungen möglich ist". Wie nicht anders zu erwarten, wurde der Antrag abgelehnt.

Derweil sammelt eine Bürgerinitiative Unterschriften gegen das geplante Milli-Görus-Zentrum in Wiesbaden, da sie den sozialen Frieden am Gräselberg dadurch für stark gefährdet hält. Wenn unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit demokratische Werte und Regeln außer Kraft gesetzt würden, sei dies nicht hinnehmbar. Miteigentümer und Bürgerinitiative protestieren außerdem gegen eine im Januar geplante Veranstaltung von Milli Görus in dem leerstehenden Supermarkt und fordern den Wiesbadener Ordnungsdezernent Grella (CDU) auf, diese zu untersagen.


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