© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/07 12. Januar 2007

Reinhard Erös
Der Engel vom Hindukusch
von Erol Stern

Ein Konvoi staubiger Geländewagen kämpft sich durch die zerklüftete Hochgebirgslandschaft Afghanistans. Das Ziel ist erreicht - ein bärtiger Mann entsteigt dem ersten Fahrzeug. Sein Blick fällt auf eine afghanische Fahne, die er einst hier gehißt hat, und auf die deutsche Flagge, die die Einwohner dankbar daneben gehängt haben. Reinhard Erös inspiziert kritisch, aber zufrieden sein Projekt: Eine von viel-en Schulen für diejenigen, die bisher noch jeden Krieg verloren haben - die Kinder.

Der Mann mit dem ungarischstämmigen Namen, 1948 im bayerischen Tirschenreuth geboren, ist am Hindukusch ob seiner guten Taten, bei uns dank zahlreicher Medienauftritte bekannt. Jüngst liefen vor Weihnachten Fernsehdokumentationen über ihn in ARD und Phönix. Der ehemalige Oberstarzt der Bundeswehr, zuletzt bis zu seinem Abschied 2002 Kommandoarzt des Eliteverbandes Division Spezielle Operationen (DSO), engagiert sich seit über zwanzig Jahren im Dienste der Nato, Uno und ziviler Hilfsorganisationen als Mediziner, Berater und Helfer in Krisengebieten wie Bosnien, Kambodscha, Vietnam, Ost-Timor und Ruanda.

Bereits 1985 ging er nach Afghanistan, um Kriegsopfern zu helfen. 1987 dann ließ sich der ehemalige Fernspäher von der Truppe unbezahlt beurlauben, um im umkämpften Grenzgebiet zu Pakistan unter Gefahr für sich und seine Familie Tausende von Kriegsopfern und Kranken medizinisch zu betreuen - gejagt von den Sowjets, die keine Ausländer duldeten, selbst zivile Helfer waren illegal. Schließlich verlor auch Erös unter dramatischen Umständen einen Sohn. Aus dieser Zeit rühren aber seine hervorragenden Beziehungen zu den Mudschaheddin.

Der stämmige Bayer sieht sich als Arzt und Soldat - und als Konservativen. Den Versuch, Afghanistan eine "säkulare Multikulti-Gesellschaft überzustülpen", verurteilte er in einem Interview als "schamlos". Statt dessen gelte es an die Tradition des "alten Afghanistan vor 1979 anzuknüpfen".

Auch nach Ende seiner offiziellen Einsätze wollte Erös weiter Menschen helfen. 1998 schuf er deshalb zusammen mit seiner Frau die private Kinderhilfe Afghanistan. Im Gegensatz zu großen Organisationen, die vornehmlich in Kabul tätig sind, unterstützt die Kinderhilfe die über achtzig Prozent ausmachende Landbevölkerung. Finanziert werden die Projekte durch Spenden von Bürgern und Vereinen, über deren vollständig zweckgebundene Mittelverwendung der Arzt persönlich wacht.

Bekannt wurde Erös aber nicht zuletzt auch durch seine in den Medien oft kolportierte Nachbarschaft mit Osama bin Laden, neben dem er 1998 im pakistanischen Peschawar zufällig wohnte. Darüber berichtete er in seinem 2002 erschienenen Buch "Tee mit dem Teufel".

Auch falls die Nato einmal abziehen sollte, der wackere "Engel vom Hindukusch" will "seine Afghanen" nicht alleine lassen.

Kinderhilfe Afghanistan, Im Anger 25, 93098 Mintraching, www.kinderhilfe-afghanistan.de, Liga Bank Regensburg, BLZ: 750 903 00, Konto: 132 50 00


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