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10/06 03. März 2006
ZDF goes Hollywood: Liebe in Dresdener Bombennacht
Christoph Martinkat
Dramatisches Hollywood-
Menü: eine Liebesgeschichte vor digital hergerichteter Geschichtskulisse. Es
lebt von einfacher Symbolik und falschem Pathos, auf das ein historisch
denkwürdiger Moment zurechtgestutzt wird. Helge Schneider merkte einmal dazu
an: Spielfilme wie der Hollywoodstreifen "Titanic" seien eigentlich gar
keine Filme, sondern Industriedenkmäler. Und in der Tat verhalten sich die
dürftigen Botschaften dieser Zeitgeistprodukte zumeist umgekehrt proportional
zu deren Budgets, die nicht selten als oberstes Qualitätskriterium angeführt
werden. Nun geht das ZDF mit seiner Version von "Dresden", einem Film über
die Bombennacht im Februar 1945, an den Start (5./6. März, jeweils 20.15 Uhr),
ohne freilich das Vorbild Hollywood je zu erreichen. Dazu fehlt einfach eine
Portion nationaler Selbstgewißheit und die Chuzpe, welche selbst historische
Niederlagen in moralische Siege umzumünzen versteht.
Konstrukt mit "aus der Luft gegriffenem" Piloten
Der Zweiteiler ist ein abenteuerliches Konstrukt aus deutsch-englischer
Liebesbeziehung (Studentin und abgestürzter Bomberpilot) und deutsch-jüdischer
Ehegeschichte - vor brennenden Filmkulissen, die den Untergang der barocken
Kulturmetropole samt Bewohnern und durchziehenden Flüchtlingskarawanen
symbolisieren sollen. Angekündigt ist "Dresden" als Antikriegsfilm. Die
ersten Zeitschriften titeln bereits "Liebe in Zeiten des Feuersturms" oder
"It's Dresden". - Warum denn nicht gleich "Europäische Liebesgrüße
aus der Bombennacht"? Die Story jedenfalls klingt so abwegig, daß es bereits
brenzlig riecht, bevor die Pyrotechniker an der Kulisse zu zündeln beginnen.
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