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21/05 20. Mai 2005
Recht gegen einen Mafioso Einst galt Michail Chodorkowski als der reichste Mann im neuen Rußland. Doch schon zu seinen Glanzzeiten wußten viele, daß der Oligarch auf mafiose Weise an sein Geld gekommen war. Als führender Funktionär des kommunistischen Jugendverbandes Komsomol für die Finanzen der mit dem Untergang der Sowjetunion 1990 "staatenlos" gewordenen Jugendorganisation verantwortlich, gründete er in der Zeit des "wilden Kapitalismus" die Bank Menatep. Woher er wohl die Gelder dafür hatte? Beim Rubel-Crash 1998 schloß die Menatep-Bank nur kurz und eröffnete neu, aber Hunderttausende seine bisherigen Kunden hatten ihre gesamten Spareinlagen in der Bank verloren. Kein Wunder, daß die meisten Russen den jetzt mit dem Urteil zu Ende gehenden Prozeß gegen Chodorkowski begrüßten. Westliche Kritik sieht das oft anders, spricht von einem unfairen, rechtsstaatswidrigen Verfahren. Sachlich bringt sie nicht mehr zustande als die These, andere Oligarchen hätten ähnlich gehandelt. Doch das ist eben gerade kein rechtsstaatliches Argument, so daß man Schröder zustimmen muß: Es ist nicht erkennbar, daß andere als rechtsstaatliche Methoden angewandt wurden. Mit dem Urteil jedenfalls geht nicht nur der Prozeß, sondern auch die Karriere des Chodorkowski als Oligarch zu Ende.
Prof. Dr. Wolfgang Seiffert lehrt am Zentrum für deutsches Recht der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau. |