© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de
39/04 17. September 2004
PRO&CONTRA In Polen sind massive Ängste sichtbar geworden, nachdem der Plan zum Bau
eines Zentrums gegen Vertreibungen bekannt wurde. Zum Teil sind diese Ängste
verständlich, da die Polen mehrfach traumatische Erfahrungen mit den Deutschen
als Fremdherrschern gemacht haben. Zum Teil sind diese Ängste aber auch gezielt
von Politikern und Publizisten genutzt worden, um das polnische Selbstbild durch
das Feindbild zu stabilisieren. Vor allem der Bund der Vertriebenen gilt vielen
seitdem als Inkarnation des Bösen, die hinter gemäßigten Worten nur alte
revisionistische Ambitionen versteckt. Bestätigt fühlten sich die Vertreter
dieser Auffassungen durch die Forderungen der Preußischen Treuhand. Seitdem
dreht sich die Spirale von deutschen Forderungen und polnischen
Gegenforderungen, als könne durch ein "Gleichgewicht des Schreckens" der Status
quo erhalten werden.
Helga Hirsch ist Publizistin und Initiatorin einer Erklärung, die die Vertriebenen dazu aufruft, auf ihr Eigentum zu verzichten.
Jeder Vertriebene kann für sich entscheiden, ob er auf seine Ansprüche
verzichten möchte. Wer freiwillig verzichtet, sollte aber anderen nicht
vorschreiben, auch so zu handeln. Ich bin gegen einen Verzicht, da Deutsche in
Polen immer noch diskriminiert werden. Das muß sich ändern. Viele Deutsche, die
nach 1945 in ihrer Heimat geblieben sind, wurden enteignet. Nur wegen ihrer
Volkszugehörigkeit haben sie ihr Eigentum nicht wiederbekommen. Auch Aussiedlern
nimmt man heute noch das Eigentum weg. Hier greift das polnische Recht, nach dem
das Eigentum verfällt, sobald jemand die polnische Staatsbürgerschaft verliert
oder abgibt. Auch die Vertriebenen werden weiter benachteiligt: Angehörige
anderer Nationen werden in Polen bei der Rückgabe von Eigentum berücksichtigt -
Deutsche nicht. Wer pauschal verzichtet, erklärt sich mit dieser Diskriminierung
einverstanden. Auch die Preußische Treuhand will Rechtsfrieden erreichen. Diesen
gibt es aber erst, wenn die Eigentumsfragen gelöst worden sind. Wir dürfen nicht
den Fehler machen, diese Frage im Sande verlaufen zu lassen. Das wäre kein gutes
Signal. Schließlich wollen wir, daß Vertreibungen weltweit geächtet werden. Ein
Staat, der für Vertreibungen verantwortlich war, muß sich diesem Verbrechen
stellen. Nur so können andere Staaten von Vertreibungen abgeschreckt werden.
Rudi Pawelka ist Sprecher der Preußischen Treuhand und Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien. |