© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/04 30. April 2004

Seid umschlungen, Millionen
"Kampf gegen Rechts": Der SPD-Politiker Sebastian Edathy will eine Bundesstiftung mit 300 Millionen Euro Stiftungskapital ins Leben rufen
Manuel Ochsenreiter

Mit Sorge blickt Sebastian Edathy, Sprecher der "Arbeitsgruppe Rechtsextremismus und Gewalt" der SPD-Bundestagsfraktion, in das Jahr 2006. Nicht nur wegen der Wahlen zum Bundestag und der anhaltend schlechten Umfragewerte der Sozialdemokraten, sondern wegen des Auslaufens der Finanzplanungen der großen Bundesprogramme "gegen Rechts" - aus Sicht des Soziologen Edathy ein unheilvolles Zusammentreffen zweier Ereignisse. Denn die Chancen, daß die Förderprogramme in gleicher Intensität fortgesetzt werden wie bisher, sind eher gering. So stellen sich vor allem unionsgeführte Länder quer, wenn es um die weitere Förderung vormals aus Bundesmitteln finanzierter Anti-Rechts-Projekte geht.

Jüngstes Beispiel ist Thüringen, wo Ende letzten Jahres bekannt wurde, daß die bislang vom Bundesprogramm Civitas finanzierte "Anlaufstelle für Betroffene von rechtsextremen und rassistischen Angriffen und Diskriminierungen" (Abad) wegen ihrer linkspolitischen Einseitigkeit keine Landesmittel bekommt. Aber auch im CDU/FDP-regierten Sachsen-Anhalt wurde dem umstrittenen Verein "Miteinander" hauptsächlich aus haushaltspolitischen Gründen keine Landesförderung gewährt - der Verein wurde dadurch "arbeitsunfähig", so dessen Vorsitzender, Hans-Jochen Tschiche.

Edathy will daher vorsorgen und hat in der Frankfurter Rundschau die Bildung einer Bundesstiftung angekündigt, mit der der "Kampf gegen Rechts" eine andere Grundlage bekommen soll. Bislang werden die Programme hauptsächlich über das Bundesfamilienministerium alimentiert und gesteuert - im Falle eines Regierungswechsels in Berlin könnte also ein rasches Verebben der Fördergelder drohen.

2001 wurden 40 Millionen Euro "gegen Rechts" gezahlt

Daß es hierbei um beträchtliche Summen geht, weiß auch Edathy nur zu gut. Denn allein im Jahr 2001 wurden dem direkt dem Bundesfamilienministerium unterstellten "Aktionsprogramm Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" 40 Millionen Euro für den "Kampf gegen Rechts" überlassen, die seitdem größtenteils in einem unübersichtlichen Gestrüpp aus linken Initiativen und Aktionsgruppen jährlich versickern.

Als Stiftungskapital nannte Edathy "etwa 300 Millionen Euro" - ein Betrag, mit dem der Stiftung dann jährlich etwa 10 bis 20 Millionen Euro zur reinen Projektalimentierung zur Verfügung stünden. Dies entspräche etwa dem Fördervolumen des Programms Civitas, einem Unterprogramm des Aktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie". Allein im Jahr 2003 bekam Civitas 10 Millionen Euro an Steuergeldern zur Verfügung und pumpte selbst wiederum Millionen in diverse Vereine.

Die Förderung durch eine Stiftung würde zudem haushaltstechnische Probleme umschiffen, die bei einer Dauerförderung - anfangs war noch die Rede von "Anschubfinanzierung" - entstehen würden. Exemplarisch hierfür ist eine Rüge des Bundesrechnungshofes vom vergangenen Jahr, der der Regierung die Empfehlung gab, sofort sämtliche Programme zu stoppen - eine Stiftung würde sich der lästigen Aufsicht der Finanzwächter entziehen.

Selbst darüber, wie die immense Summe von 300 Millionen Euro aufgetrieben werden soll, hat sich Edathy einige Gedanken gemacht. "Im Zuge eines Kraftakts" sollen "auch Vertreter der Wirtschaft mit ins Boot" geholt werden. Das Familienministerium will sich zur Planung einer "Stiftung gegen Rechts" nicht äußern.

Schirmherr der Stiftung ist Wolfgang Thierse

Die Stiftungsidee ist weder neu noch originell. Bereits Anfang Dezember 2003 drohte Edathy von oben herab damit. Sie solle dort tätig werden, "wo der Kooperationswille oder die Einsichtsfähigkeit der jeweiligen Landesregierung in bezug auf Rechtsextremismus fehlt". Gemeint waren hiermit vor allem Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auch die Frage, ob der Bund tatsächlich eine neue Stiftung ins Leben rufen wird, steht im Raum, denn eine solche existiert längst in jederlei Hinsicht mit der Amadeu-Antonio-Stiftung, die bereits seit 2001 hochoffiziell entscheidenden Einfluß auf die Förderpolitik des Civitas-Programms ausübt. Denn Zweck der nach dem im November 1990 erschlagenen angolanischen Vertragsarbeiter Amadeu Antonio Kiowa ("erstes Opfer rechtsextremistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung") benannten Stiftung sei, vom Bund geförderte Projekte nach dem Abschluß ihrer Alimentierung weiterzuführen. Schirmherr ist Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der in der Selbstdarstellung der Stiftung als "unverzichtbarer Partner" im "Kampf gegen Rechts" bezeichnet wird.

Vorstandsvorsitzende der Stiftung ist Anetta Kahane, die als Wunschkandidatin der PDS im Jahr 2002 eigentlich Ausländerbeauftragte in Berlin werden sollte. Sie stolperte allerdings über ihre Stasi-Mitarbeit zwischen 1974 und 1980. Kahane ist alles andere als kontaktscheu, wenn es um Linksextremisten geht. So tritt sie beispielsweise auch bei der Thüringer "Landesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus" (LAG-Antifa) des Verdi-Funktionärs Angelo Lucifero auf. Lucifero selbst war unter anderem für die orthodox-kommunistische "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" tätig und schrieb für die linksextremistischen Antifaschistischen Nachrichten. Lucifero war daher unter anderem Beobachtungsobjekt des Thüringer Verfassungsschutzes. Doch für Kahane und ihre Stiftung ist dies kein Problem. Die seitens der Amadeu-Antonio-Stiftung direkt geförderten Projekte stehen für die Gesamtausrichtung des "Kampfes gegen Rechts":

Da wäre beispielsweise die "Antifaschistische Hochschulgruppe Jena", die ausdrücklich für ihre Hetzkampagne gegen den konservativen Hochschulprofessor Günter Zehm gefördert wurde. Auch das "Alternative Jugendzentrum Dessau" (AJZ) kam in den Genuß von Fördergeldern der Amadeu-Antonio-Stiftung. Am 1. April 2003 wurde das AJZ im Zusammenhang mit mehreren Brandanschlägen von der Polizei durchsucht. Außerdem residiert dort ebenfalls die Dessauer Antifa, und der linksextremistische Rechtshilfeverein "Rote Hilfe" nutzt die Anschrift des AJZ. Mit der "Jungen Gemeinde Stadtmitte Jena" förderte die Amadeu-Antonio-Stiftung ein regelrechtes kommunales Ärgernis. Politisch brisant wurde die Arbeit der Gruppe spätestens im Jahr 2002, als ihre Mitglieder einen Wahlkampfauftritt des damaligen Hamburger Innensenators Ronald Schill mit "Nazis raus!"-Rufen und Trillerpfeifenlärm störten.

Auch was die Forderung Edathys angeht, man solle doch die Wirtschaft finanziell mehr in den "Kampf gegen Rechts" einbinden, leistet Anetta Kahane, die sich selbst als "Handlungsreisende gegen Rechts" bezeichnet, geradezu Pionierarbeit. So konnte sie als ständigen Partner der Stiftung bereits das Magazin Stern einbinden, das seit Oktober 2002 eine Online-Redaktionsstelle finanziert. Als weiterer Partner firmiert die Software-Firma SAP, die nach Angaben der Amadeu- Antonio-Stiftung mehr als 60.000 Euro bereitstellte. Auch der Schulbuchverlag Klett engagiert sich in der Stiftungsarbeit.

Die Opposition schweigt zu Edathys Plänen

In der Liste der offiziell aufgeführten Spender tauchen die Deutsche Bank, der Musiksender MTV, die TV-Produktionsfirma Brainpool AG und die Süddeutsche Zeitung auf. Es ist also nicht unwahrscheinlich, daß Edathy mit seinem Vorstoß in der Frankfurt Rundschau tatsächlich die Amadeu-Antonio-Stiftung langsam für eine etwaige Nach-Schröder-Ära in Position bringt.

Geradezu schweigsam in Anbetracht solch hoher Summen verhält sich die Opposition aus CDU/CSU und FDP im Bundestag. Dadurch wird fraglich, ob eine unionsgeführte Bundesregierung überhaupt den Mut besäße, den Rotstift an die millionenschweren Förderprogramme zu legen. Anetta Kahane scheint auf die kommenden Aufgaben als Koordinatorin einer Bundesstiftung bestens vorbereitet - so teilte sie bereits gegenüber Spiegel-Online mit, sie bräuchte für ihre Arbeit einen "Milliardenetat". Doch diesen will ihr bislang nicht mal Sebastian Edathy gewähren.

Foto: Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung: "Wir bräuchten einen Milliardenetat!" / Sebastian Edathy (SPD)


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