© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52/01 01/02 21. Dezember / 28. Dezember 2001

 
Zur Verfügung Ihrer Majestät
Der letzte Kammerdiener
Wolfgang Saur

Einen ganz persönlichen Beitrag zum Preußenjahr 2001 hat die Berlinerin Christa Müller-Jardinier mit ihrem Erinnerungsband „Ich war Kammerdiener bei der Kaiserin“ geleistet. Das meint den geliebten Großvater, Jean Jardinier (1861-1937): Nicht bloß ein Lakai, sondern naher Vertrauter zweier kaiserlicher Familien.

Aus einer französischen Familie des Elsaß gebürtig, „entdeckte“ den jungen Mann 1881 in Metz die Kaiserin Augusta. So trat er in ihren „persönlichen Dienst“ und verband sein Schicksal mit dem der Familie Hohenzollern, der er 37 Jahre lang inTreue dienen sollte, seit 1913 sogar als kaiserlicher Oberinspektor der Schloß- und Parkanlagen von Sanssouci. Seine Tätigkeit begründete bei dem Wahlberliner einen tiefen Respekt, ja die Identifikation mit den Werten Preußens und seiner Kultur. Die Enkelin erzählt damit auch die gelungene Geschichte einer Assimilation, nicht selbstverständlich nach 1871, blieb doch etwa Jardiniers älterer Bruder ein eingefleischter Franzose. Neben lesenswerten Anekdoten ragt besonders die Palästina-Reise Wilhelm II. 1898 hervor, reich dokumentiert mit privatem, bislang unveröffentlichtem Bildmaterial. Jardinier, mit von der Partie, erhielt als besonderen Gunstbeweis den zu diesem Anlaß vom Kaiser gestifteten Jerusalem-Orden.

Noch rechtzeitig starb der alte Herr, um nicht die Zerbombung seines Heims miterleben zu müssen. Das zu tragen war nun schwerer Teil der Frauen: der Witwe, der Tochter und der Enkelin. Von ihnen wird im zweiten Teil erzählt. Christa Müller erinnert die Kriegsjahre in Berlin und beleuchtet Komplikationen ihrer Nachkriegsbiographie bis hin zu ihrer Verhaftung durch die Staatssicherheit 1951. In der DDR nicht realisierbar, konnte das ersehnte Buchprojekt jetzt verwirklicht werden. Der Verleger kündigt bereits einen Fortsetzungsband „Preußische Reminiszenzen“ an. Auch ihn motiviert das beherzte Credo der rüstigen Autorin: „All unseren toten Vorfahren verpflichtet, ihren Kampf für Freiheit und Recht mit Gott weiterzuführen, soll uns ewige Mahnung sein!“ Wolfgang Saur

Christa Müller-Jardinier: Ich war Kammerdiener bei der Kaiserin. Ludwigsfelder Verlagshaus 2000, 147 Seiten, 39,80 Mark


 
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