© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/01 14. Dezember 2001

 
Blick in die Medien
Widersprüche
Ronald Gläser

Krieg und NS-Zeit haben Konjunktur. Im öffentlich-rechtlichen Femsehen wird mal wieder Bewältigung geleistet. Man legt Wert auf einen wissenschaftlichen Anstrich. Die ZDF-Vertreibungsserie setzt neue Maßstäbe. Widersprüche hindern nicht: In einer Folge wird der Gauleiler Breslaus kritisiert, weil er der nahenden Roten Armee regungslos zugesehen habe. Kurz darauf wird ihm aber dann die hastig erfolgte Evakuierung zur Last gelegt. Als sei er der Vertreiber - nicht die Russen. Die ARD legte noch einen drauf. Das ORB-Machwerk „Roter Stem über Deutschland“ verzichtel gänzlich auf eine Darstellung der Vertreibungsverbrechen. Die Ereignisse werden ab der Offensive der Sowjets an der Oder im April 1945 geschildert. Nach politisch korrekter Lesart haben die Russen offenbar erst dort deutschen Boden betreten. Es wird unterstellt, sie seien „Besetzer und Befreier“ zugleich gewesen. Unschuldige Frauen dürfte die Einführung in asiatische Liebeskünste 1945 eher an Freier als an Befreier erinnert haben. Ein russischer„Kulturoffizier“ berichtet, wie man Kultur wiederzubeleben versucht habe, um das deutsche Volk zu demokratisieren. Man stelle sich vor: SS-Angehönge plauderten heute darüber, wie sie „Kultur“ in die Ulkraine exportierten. Der Einmarsch der Sowjets bei Kriegsende zog eine unglaubliche Blutspur durch Deutschland. PC-konform ausgedrückt handelte es sich um einen Holocaust. Eine solche Interpretation bieten weder ARD noch ZDF. Das wäre dann wohl doch zu widersprüchlich.


 
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