© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/01 14. Dezember 2001

 
Ausgezeichnete Währung
von Bernd-Thomas Ramb

Eigentlich ist der Internationale Karlspreis, den die Stadt Aachen jährlich als renommierteste europäische Auszeichnung dieser Art verleiht, für Persönlichkeiten oder Institutionen vorgesehen, die sich um Europa verdient gemacht haben. Nun sind offensichtlich die Persönlichkeiten und Institutionen vorerst ausgegangen, denn der Preisträger des kommenden Jahres soll der Euro werden. Er hat nach Ansicht der Aachener Stadtväter einen „entscheidenden, epochemachenden Beitrag zum Zusammenwachsen der Völker Europas geleistet“. So eine arme Münze kann jedoch nicht einfach nach Aachen rollen und den Preis persönlich entgegennehmen. Das darf stellvertretend der Präsident der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, der selbst als Person, wie auch die EZB als Institution, nicht als Preisträger für würdig befunden wurde. Was andererseits der Logik nicht entbehrt, denn weder ist Duisenberg der Vater, noch die EZB die Mutter des Euros. Folgerichtig sollte daher besser der Europarat oder die EU-Kommission den Preis in Empfang nehmen. Die aber liegen möglicherweise schon auf der Aachener Reservehalde, wenn der Karlspreis an den Maastrichtvertrag verliehen wird. Sollte sich Duisenberg wirklich für dieses Possenspiel hergeben, bietet es sich an, daß er seinen Aufenthalt in Aachen gleich etwas verlängert. Denn da wird anschließend der Karnevalsorden „Wider den tierischen Ernst“ verliehen. Sollte wider Erwarten der Euro, vertreten durch seine Hüter, diesen ablehnen, bleibt immer noch der Preis für das größte monetäre Vabanquespiel aller Zeiten. Den kann der Euro nicht zurückweisen.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen