© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001

 
Sonnenenergie wird immer beliebter
Energie: Solartechniken auf Wachstumskurs / Europäischer Solarpreis in Berlin vergeben
Alexander Barti

Der 29. November war ein guter Tag für die Solarwirtschaft. Die EU-Kommission hat an diesem Tag abschließend eine britische und eine belgische Regelung zur Förderung von erneuerbaren Energien gebilligt. Damit ist klar, daß auch die endgültige Prüfung des bundesdeutschen Energie-Einspeisungs-Gesetzes (EEG) problemlos sein dürfte. Ebenfalls am 29. November bewilligte der Bundestag höhere Fördermittel für erneuerbare Energien. Rund 200 Millionen Euro werden ab 2002 dafür zur Vefügung stehen, davon ca. 75 Prozent für den Bau solarthermischer Anlagen. In Sachen „Marktanreizprogramm“ hatte die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) mehrfach beim Bundeswirtschaftsministerium interveniert.

Mit der nun gebilligten Aufstockung kann die Branche mit einem Investitionsvolumen von etwa einer Milliarde Euro rechnen. Wenige Tage vorher, am 21. November, ging Deutschlands größtes Solarkraftwerk an Netz. Die Anlage steht in der Gemeinde Hohenfels bei Regensburg und wird von der Stuttgarter Voltwerk AG betrieben. 12.672 Solarmodule mit einer Gesamtfläche von rund 14.500 Ouadratmetern wurden dort verlegt. Ab sofort sollen damit pro Jahr 1,56 Millionen Kilowattstunden Strom ins öffentliche Netz gespeist werden.

Kritisiert wurde die Anlage von dem Solarenergie-Förderverein (SFV) in Aachen: Weil sie nicht auf einem Hallendach installiert sei, trage die Anlage weiter zum Flächenverbrauch bei. Dies sei aber in einem Land der Gebäudedächer, Lärmschutzwände und Fassaden nicht notwendig. Außerdem warnte der SFV mögliche Aktionäre vor der Gefahr, daß für die Anlage die garantierte Vergütung von 99Pf/kWh nicht gezahlt werde, da die gesetzlich geforderte Höchstleistung von 100 kW (EEG §2, Abs. 3) bei weitem überschritten wird. Um dieser Klausel zu entgehen, hat die Voltwerk AG die Großanlage schaltungstechnisch in viele Kleinanlagen unter 100 kW zergliedert. Allerdings könnte es trotzdem geschehen, daß man ihr die im EEG garantierte Einspeisevergütung mit dem Hinweis auf die Größe der Gesamtanlage verweigert.

Daß es auch anders geht, kann man in Mitteldeutschland, in Guben an der Oder sehen, wo auf vier Bauten in industrieller Plattenbauweise eine 2.000 Quadratmeter große Photovoltaik Anlage in Betrieb genommen wurde. Sie liefert jährliche 190.000 Kilowattstunden Strom, so daß die Bewohner, rund 350 Haushalte, von günstigen Betriebskosten profitieren. Eine noch effektivere Anlage wurde auf Plattenbauten in Geesow (Nordbrandenburg) installiert. Dort produziert man in Spitzenzeiten (kW-peak) 300 kW. Gleichzeitig widersprechen die Beispiele der weit verbreiteten Meinung, Solarenergie sei nur in südlichen Gegenden attraktiv. Die Kampagne „Solar-na-klar“ hat ermittelt, daß auch in klassischen „Regenrevieren“ wie Hamburg ausreichend Sonne vorhanden sei, um eine Solarwärmeanlage zu betreiben. Der Leiter der Kampagne, Maximilian Gege, möchte mit seiner Aktion erreichen, „daß die Solaranalge auf dem Dach zur Selbstverständlichkeit wird“.

Trotz der kleineren und größeren Probleme scheint der Aufschwung der Solarbranche ungebremst. Am 23. November wurde das neue Gebäude des Frauenhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg eingeweiht. Mit rund 300 Mitarbeitern ist das ISE die größte Forschungseinrichtung für Solartechniken in Europa. Mit jeweils 17,5 Millionen Euro hat das Land Baden-Württemberg und das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Baukosten getragen. Realisiert wurde ein Bau, der unter dem Motto „Vorbildliches Bauen mit der Sonne“ Architektur und Solartechnik verbindet. Prof. Joachim Luther, der das Institut seit 1993 leitet, betonte bei der Einweihung, daß Solarenergie keine Utopie sei, „sondern eine wirtschaftliche Realität, mit der Geld verdient wird und Arbeitsplätze entstehen“.

Seit 1994 wird der Europäische Solarpreis für beispielhaftes Engagement zur Nutzung der Sonnenenergie in all ihren Formen vergeben. Die diesjährigen Preisträger, die am 5. Dezember bei einem Festakt in Berlin gewürdigt wurden, sind die Stadt Barcelona, das österreichische Bundesland Vorarlberg, das Unternehmen Calorius (Dänemark) und das Hockerton Housing Project (Großbritannien). Sonderpreise gehen an den französischen Umweltminister Yves Coichet und an Gianni Silvestrini (Italien). Die Laudatio hielt der Bundestagsabgeordnete und Eurosolar-Präsident Hermann Scheer (SPD); der TV-Journalist Franz Alt moderierte die Festveranstaltung.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen