© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001

 
Guido Knopp
Der Doku-Magier
von Jutta Winckler

Der Medienkenner Marshall Mac Luhan, wußte es: The medium is the message. Guido Knopp ist das medium im elektronischen Medium und demzufolge heißt seine „Botschaft“ Guido Knopp. Wenn der ZDF-Mann für Zeitgeschichte im virtuellen Studio zur besten Sendezeit vor die feierabendlich gestimmte Nation hintritt, scheint es, als wolle sein Blick die vier, fünf, gar sechs Millionen Geschichts-Fans nachgerade vor den Schirm saugen.

Seit mehr als zwanzig Jahren klebt der Doku-Magier des Adenauerkanals, der Hitlerozentrist vom Mainzer Lerchenberg, am „Thema“ seines Lebens - an Adolf H. und an buchstäblich allem, was sich mit ihm in Verbindung bringen läßt. Kolportagehaft („Mit dem Zweiten sieht man besser“) klittert eine vielköpfige Redaktion dem eitelkeitshalber mit Professorentitel renommierenden Historiker seine häßliche, alte NS-Welt zusammen. Die 45-Minuten-Filmchen des smarten Bonvivants befassen sich mit „Adolf“ in allen Lebenslagen: mit Hitlers Frauen, Hitlers Kriegern, Helfern, Hehlern, Hunden und Lieblingsspeisen. Bevorzugt wird die Perspektive der Kaltmamsell, des Fahrers, des Stiefelwichsers, Knopp geht eben strikt demokratisch vor.

Der mit einer ungarischen Lehrerin wiederverheiratete mehrfache Familienvater will kein Mann jener Zunft sein, die ihn belächelt. Sein Zweitdomizil in Florida erlaubt ihm den nötigen Abstand zu einem historischen Wissenschaftsbetrieb, der seine Sache nie war: „Ich bin Geschichtenerzähler“ bekannte er soeben in Bild, wo er für seine aktuelle Kreation „Die große Flucht“ warb, die sich der „unfreiwilligen Wanderung“ (R.v.Weizsäcker) annimmt, die zwölf Millionen deutsche „Migranten“ aus den Ostprovinzen des Reiches nach Westen führte. Zu ihnen zählt auch die Sippe des Erzählers Knopp.

Dessen Tenor ist, wie könnte es in der BRD auch anders sein, auf Schuld, verdiente Vergeltung, Verzicht gestimmt; Musealisierung, Neutralisierung und Relativierung sind angesagt, das Aufrechnungsverbot führt zum Dauerplatz auf der Bank der Selbstanklage. Die einen reklamieren Rückkehrrechte nach zweitausend, die anderen aber haben bereits nach fünfzig, sechzig Jahren „für immer“ zu verzichten. Daß dieses Urteil des westlichen Weltgerichts just vom Sprößling einer betroffenen Familie gegen jede Revision verteidigt wird, belegt die Virulenz neudeutscher Sonderabwegigkeit. Der Subtext des Knoppschen Geschichtenerzählens mit Hilfe bewegter Bilder und sonorer Offstimme heißt BRD, BRD und nochmal BRD. Zu ihr und ihren Guidos aller Gesellschaftssegmente kann, soll und darf es „keine Alternative“ geben. Damit diese bereits im Fassen der Gedanken, im Ausbilden innerer Bilder, in der mythogenen Aura von Metapolitik und Kultur unmöglich wird, tut Prävention not. Wäre da nicht Guido Knopp, stünden Tamara Duve, Tilman Jens, oder Cassian von Salomon im Abspann. Das ist einerlei.


 
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