© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001


Faschistoid gehetzt
von Alexander Barti

Jetzt haben sie also doch demonstriert, die von der NPD organisierten Gegner der neuen Wehrmachtsausstellung. Friedlich und ohne Randale, mit allerlei Fahnen und Spruchbändern, wie das eben so üblich ist, wenn man für oder gegen eine Sache auf die Straße geht. Mehrere tausend Bürger haben damit ein Recht in Anspruch genommen, das ihnen qua Grundgesetz zusteht. Daß es auch ebenso zahlreiche - wenn nicht sogar noch viel mehr - Bürger gibt, die mit der Meinung der Demonstranten nicht einverstanden sind, ist selbstverständlich in einer pluralistischen Gesellschaft.

Nicht selbstverständlich sollte es für eine „offene“ und „tolerante“ Gesellschaft hingegen sein, wie gegen die Gegner der Reemstma-Schau gehetzt wurde. Man sprach in faschistoider Diktion von „Unmenschen“, „trampelnden Horden“ und „braunem Mob“, von „Banden“ und „Pack“, die man unmöglich an einem Shabbat durch das „jüdische Viertel“ von Berlin marschieren lassen dürfe. Wenn sich aber nun die Anti-Wehrmachtsausstellung just in diesem Stadtteil befindet? Und wenn man als Veranstalter damit rechnen kann, daß an einem Samstag besonders viele Leute Zeit haben, weil sie zum Beispiel nicht arbeiten müssen? Oder wurde seinerzeit an einem Dienstag vormittag in Hintertupfingen gegen die Startbahn-West in Frankfurt am Main protestiert? Natürlich nicht. Davon abgesehen, war das besagte Viertel nie ein „jüdisches“: dort lebten prozentual nicht mehr Juden als in Wilmersdorf, Charlottenburg oder Weißensee. Aber was zählen schon Fakten in Zeiten medialer Schnellschüsse?!


 
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