© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/01 30. November 2001


Baustelle des Lebens
von Matthias Bäkermann

Das erste geklonte Säugetier provozierte 1997 einen weltweiten Aufschrei: Das Schaf „Dolly“ sei ein Geschöpf aus Frankensteins Labor, die Biotechnologie degeneriere nun endgültig zu einer Kontradiktion zur humanen Ethik. Die Biowissenschaft warf den kritischen Mahnern damals mangelndes Zukunftsbewußtsein vor. Außerdem würde man nur gegenüber anderen Weltregionen in der Genforschung nicht den Anschluß verlieren wollen - das in Zukunft Menschen geklont würden, sei unvorstellbar und verböte sich von selbst.

Heute wird durch den weiteren „Meilenstein“, das bekannt gewordene Klonen eines menschlichen Embryos aus erwachsenen Körperzellen im US-amerikanischen Massachusetts, erneut die moralische Phalanx gegen die Biotechnologie aufgefahren. Doch das Koordinatensystem der Argumentation hat sich in den vergangenen vier Jahren schon verschoben ­- nicht mehr das Klonen an sich, sondern die Verwertung menschlicher Embryone erregt heute die Gemüter.

Die Debatten kommender Ethik-Kommissionen kann man schon anhand heutiger Thesen sogenannter Bioethiker wie Peter Singer, Lehrer an der US-Universität Princeton, projektieren, der sogar die Tötung und „Nutzung“ mißgebildeter Säuglinge befürwortet.Wieder werden dann, so wie heute, die werteverlorenen Moralapostel, die den Embryonenschutz einklagen und andererseits den Abtreibungsfötus mißachten, der wissenschaftlichen Entwicklung fassungslos gegenüberstehen. Wer dieser Entwicklung noch trotzen wollte, müßte stärker sein als gegenwärtige Werteinstanzen, die bislang schmählich versagten.


 
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