© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/01 23. November 2001

 
Fragwürdige Kriegerehrung
Versenker der „Wilhelm Gustloff“ erhielt in Königsberg ein Denkmal
Alexander Barti

Das ZDF zeigt am 27. November in seiner Vertreibungs-Serie „Die große Flucht“ das Schicksal des deutschen Luxusliners „Wilhelm Gustloff“. Die Versenkung des Schiffes durch ein sowjetisches U-Boot am 30. Januar 1945 gilt als eine der größten Schiffskatastrophen der Menscheitsgeschichte. Über 10.000 Menschen waren auf der „Gustloff“, um vor der Feuerwalze der Roten Armee zu fliehen, die meisten von ihnen Frauen, Kinder und Greise. Nur wenige konnten gerettet werden. Allerdings waren auch verwundete Soldaten an Bord und U-Boot Besatzung, die zu ihrem Einsatzort gebracht werden sollte. Deswegen wird die Versenkung nicht als Kriegsverbrechen eingestuft, schließlich sei das Schiff - so eine Definition des Kriegsrechts - durch die mitfahrenden Soldaten ein „militärisches Objekt“ gewesen. Daß der Kommandant des sowjetischen U-Bootes, Kapitän Alexander Marinesco, wußte, daß nicht nur 9.000 Zivilisten an Bord waren, kann man getrost bezweifeln.

Geschossen wurde in den letzten Kriegsmonaten auf alles, was sich bewegt. Marinesco hätte die „Gustloff“ aber nicht getroffen, wenn Kapitän Friedrich Petersen nicht Positionslichter gesetzt hätte, um eine Kollision mit einem entgegenkommenden deutschen Minensuchverband zu verhindern. Weithin sichtbar, war es für die sowjetische „S13“ kein Problem, den zum Lazarettschiff umgebauten „Kraft-durch-Freude“ Dampfer ins Visier zu nehmen.

Jahrzehnte später ereilte Marinesco noch eine denkwürdige Ehrung: am 8. Mai 1990 wurde er posthum zum „Helden der Sowjetunion“ ernannt - wegen seiner „ Heldentat, die nach ihren Ergebnissen in der Geschichte des Seekriegs nicht ihresgleichen hat“ so die Begründung von Admiral S.G. Gorschkow. Aber damit nicht genug: in der deutschfreundlichen Ära Putin wurde dem „Helden“ - ausgerechnet in Königsberg - ein Denkmal errichtet.


 
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