© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/01 23. November 2001

 
Wer stirbt schon für ein abgeschnittenes Wort?
Mißverständliches Berufsrisiko: In Afghanistan sind sieben internationale Journalisten ums Leben gekommen
Andreas Wild

Tod in Afghanistan. Nicht weniger als sieben inter-
nationale Journalisten sind dort inzwischen ums Leben gekommen, teils vom Panzer heruntergeschossen, auf dem sie mitfuhren, teils von irgendwelchen verwahrlosten Kriegern aus dem Auto gezerrt und ohne viel Federlesens mit der Kalaschnikow niedergestreckt. Ein schneller, ein unerwarteter Tod. Auch ein ehrenvoller, ruhmreicher Tod?

Für wen oder was sterben diese jungen Leute eigentlich in der Blüte ihrer Jahre? Fürs Vaterland gewiß nicht, auch nicht für eine Idee, ein Ideal, eine große Sache. Häufig sind sie ziemlich unbedarft. Der „Wahrheit“ dienen die von ihnen gelieferten Bilder oder gesprochenen Sekunden-Takes zuallerletzt. Ein Schreibtischtyp in der Heimat-Agentur oder in der Heimat-Redaktion schaut sich die Sachen in der Regel nur kurz an und wirft sie dann in den Papierkorb bzw. schneidet dem Korrespondenten beim Live-Auftritt abrupt das Wort ab. Für so etwas setzt man nicht sein Leben ein.

„Es ist unser Berufsrisiko“, sagen die Kollegen der Getöteten. In den Newcomern unter ihnen lebt noch die romantische Vorstellung vom tollkühnen „rasenden Reporter“ der das Bild einfängt, das später zur Ikone einer ganzen Epoche wird, das Politik macht und sagenhaften Reichtum einbringt. Aber die Wirklichkeit des modernen Korrespondentendaseins sieht ganz anders aus. Dort kommt es darauf an, die richtigen Beziehungen zu den örtlichen Gewalten zu haben, mit Geld winken zu können und immer schön in der Deckung zu bleiben.

Genauso verfuhr übrigens das Urbild des „rasenden Reporters“, Egon Erwin Kisch. Er dachte nicht daran, sich zu exponieren, nahm statt dessen stets intensive Beziehungen zu den örtlichen Parteibüros auf, schrieb seine Artikel ausgeruht in der Etappe und er fand dabei mancherlei hinzu. Sein Tod war ganz unromantisch: Er starb beim Gänsebratenessen im heimatlichen Prag.


 
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