© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/01 23. November 2001

 
Kolumne
Europas Rechte
Andreas Mölzer

Das, was es bislang an Zusammenarbeit zwischen Rechtsparteien in Europa gab, war entweder rückwärts gewandt und orientierte sich an historisch diskreditierten Modellen oder es erschöpfte sich in bloßen Willenskundgebungen und ideologischer Beckmesserei: Eine Zusammenarbeit der europäischen Rechtsparteien, der identitären Kräfte der jeweiligen europäischen Nationen gibt es noch nicht. Ein Kongreß, wie er anläßlich des Jubiläums von Zur Zeit veranstaltet wurde, ist daher im Grunde ein Novum.

Dabei nähern sich die nächsten Europawahlen, wobei die Entwicklung der vergangenen Jahre gezeigt hat, daß es künftig zunehmend so etwas wie eine europäische Innenpolitik geben wird. Die identitären nationalen, patriotischen oder schlicht als „rechts“ bezeichneten Parteien hingegen fanden sich im Europaparlament bestenfalls für eine Art „technischer Fraktion“ zusammen. Eine rein formale Zusammenarbeit also, die gemeinsame Aktionen an der Entwicklung gemeinsamer Strukturen für die Zukunft überhaupt nicht zum Ziel hatte. Im Gegenteil: Man neigte dazu, einander nach dem Diktat der linken bis linksliberalen Meinungsmachern auszugrenzen.

Insbesondere die erfolgreichen Rechtsparteien haben die Tendenz, Berührungsängste gegenüber anderen ideologisch nahestehenden Gruppen zu entwickeln. Dies deshalb, da man meint, politisch korrekt vorzugehen, um koalitionsfähig und regierungswürdig für die etablierten politischen Kräfte zu sein. Man tendiert eher dazu, sich der gutbürgerlichen christdemokratischen Mitte anzunähern. Ein besonderes Problem stellt naturgemäß Deutschland dar, das mit der Hypothek seiner NS-Geschichte besonders unter internationaler Beobachtung steht, zumindest was den Bereich rechts der Mitte betrifft. KeinWunder, daß der Österreicher Jörg Haider mit seinen rechtsliberalen populistischen Freiheitlichen über Jahre hinaus zum Hoffnungsträger für die bundesdeutsche Rechte wurde. Haider selbst hat für die kommenden Europawahlen ein Antreten angekündigt. Konkrete Aktionen mit gleich ausgerichteten Partnern lassen bislang jedoch auf sich warten.

Tagungen, wie jene der Zur Zeit, sollten in den nächsten Jahren vielfach stattfinden. Jeder der vernünftigerweise zur Ansicht kommt, daß die neue kontinentale Vernetzung auch eine Kooperation der Rechten verlangt, müßte schleunigst auf die Suche nach Partnern gehen und müßte rasch jenseits des linksliberalen Meinungsdiktates eigene Analysen und Untersuchungen anstellen. Dies sei den europäischen Rechtsparteien ins Stammbuch geschrieben.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Zur Zeit“.


 
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