© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/01 16. November 2001

 
Lieblingsfarbe rosa
Kino: „Natürlich blond“ von Robert Luketic
Ellen Kositza

Elle (Reese Witherspoon) ahnt, daß dieses date mit ihrem Schwarm Warner (Luke Wilson) etwas Besonderes sein wird. Sie sieht sich mit einem Brillantklunker am Finger zu ihren Freundinnen im Internat zurückkehren - als Warners Verlobte. Tatsächlich wird es ein spezieller Abend - Warner („Du weißt, wir hatten in den letzten Wochen unheimlich viel Spaß im Bett, aber...“) beendet die Beziehung zu Elle, für ihn war es nur eine Affäre, für seine künftige Frau erscheint sie ihm als „zu blond“. Immerhin strebt er eine politische Karriere an, und da möchte er keine „Marilyn“, sondern eine „Jackie“ an seiner Seite wissen, eine Frau, die nicht nur durch ihr Äußeres, sondern auch durch Grips besticht.

Warners Laufbahn wird in diesem Sommer in der juristischen Fakultät in Harvard beginnen. Nun ist Elle tatsächlich ein Modepüppchen sondergleichen, ihre Lieblingsfarbe ist rosa, ihre Freizeit verbringt sie in Designerläden, Parfümerien und im Maniküre-Salon, immer Schoßhündchen Brutus auf dem Arm. Doch Elle, so will es die Geschichte, weiß, was sie will - nämlich auch an die Elite-Universität, um ihrem Geliebten zu zeigen was in ihr steckt. Sie (lustig, charmant, unschuldig: Presseinfo) bewirbt sich beim Harvard-Aufnahmegremium als kesses Bikiniluder per Video, schafft nach durchlernten Nächten knapp den Eignungstest und darf schließlich samt Hündchen, rosa Plastikmobiliar und einem Wust an Modetinnef in Harvard einziehen, ein bei den künftigen Kommilitonen bereits aufsehenerregender Einstand.

Das Wiedersehen mit Warner führt zu beiderseitigem Schrecken: Während der smarte Karrierist nicht glauben will, daß es seine dumme Ex nach Harvard geschafft hat, stellt Elle mit Entsetzen fest, daß Warner bereits neu liiert ist - mit einer gar nicht blonden Streberin. Nach einigen Tränen besinnt sich Elle - denen wird sie’s zeigen. Tatsächlich wird aus dem Ex-Blödchen bald die Klassenbeste, die feministischen Mitschülerinnen beweist, daß ein kosmetisch verschönerter Körper und ein gesundes Modebewußtsein durchaus in Einklang mit einer hellen Birne stehen können. Bald wird Erstsemester Elle gar zur Assistentin ihres Professors, der in einem prominenten Mordfall den Fitness-Star Brooke (Ali Larter, übrigens die einzige Schönheit unter den mitspielenden aufgeschäumten Horror-Blondies) zu verteidigen hat. Na, wer hätte das gedacht.

In den USA gelang dem Regiedebüt von Robert Luketic ein Senkrechtstart direkt auf Platz eins der Kinocharts. Bereits an seinem ersten Wochenende spielte der Streifen rund 20 Millionen Dollar ein. Amanda Brown, Autorin der Buchvorlage, ist Gründungsmitglied des amerikanischen „Blonde Legal Defense Club“, der den 9. Juli zum Nationalen Blondinen-Tag ausgerufen hat. „So verrückt es klingt“, heißt es von einer dort engagierten Anwältin, „wir werden einfach nicht ernstgenommen. Viele Kollegen glauben, wir hätten im Gerichtssaal nichts zu suchen und uns den Jura-Abschluss schlichtweg erschlafen.“ Schlimm, sowas. Ausgewählte Friseursalons und die Bleichmittel-Firma Vidal Sassoon färbten dunkelhaarige Anhängerinnen der Bewegung am diesjährigen ersten Blondinen-Tag kostenlos in eine hellere Nuance. Darum steht hinter dem Film in seiner Heimat ein wahrlich ernstes Anliegen. Die Verleihfirma nennt das Ding eine „quirlige Girlie-Komödie mit elanvoll-herzigem Teeniehumor“, und damit wäre eigentlich alles gesagt.


 
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