© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/01 09. November 2001

 
Keine „links“ nach rechts
Großbritannien: Tory-Chef bekämpft Monday Club und Zeitschrift „Right Now!“ / New Labour auf CSU-Kurs
Catherine Owerman

Wie der Teufel das Weihwasser fürchten konservative britische Politiker derzeit „links“. Man muß gegen echte oder angebliche Verbindungen („links“) mit aller Härte vorgehen, denn böse „links“ können das Ende der Karriere bedeuten. Schon während seiner Bewerbung um den Chefposten der oppositionellen Tories wurden Iain Duncan Smith „links“ nach rechtsaußen beinahe zum Verhängnis. In Smiths Beraterteam erspähten Journalisten den 78jährigen Edgar Griffin, dessen Sohn Nick Frontmann der rechten Britisch National Party (BNP) ist. Obwohl der alte Griffin sofort hochkant aus der Partei flog, warfen innerparteiliche Gegner und vor allem die linksliberale Presse Smith mangelnde Abgrenzung nach rechts vor.

Smiths Konkurrenten um den Chefposten, die früheren Minister Michael Portillo und Kenneth Clarke, suchten sich als aufgeschlossene Konservative zu präsentieren: Der eine, Portillo, wollte die Tories für ethnische Minderheiten, Frauen und Homosexuelle öffnen - seit seinem Geständnis eigener homosexueller Erfahrungen sind jedoch die Sympathien für ihn erheblich abgekühlt. Clarke dagegen scheiterte mit seinem Vorhaben, die traditionell euroskeptischen Konservativen auf einen pro-Brüssel-Kurs zu trimmen. Trotz der Affäre um Griffin wählten die Parteimitglieder in einer Urabstimmung Ende September mit großer Mehrheit den Mann vom eher rechten Flügel, Iain Duncan Smith. Besonders die 75jährige Ex-Premierministerin Margaret Thatcher hatte sich für Dancan Smith geworben.

Als neuer Chef der Konservativen hat sich IDS, wie sein sperriger Name in den Medien meist abgekürzt wird, einen Profi für Parteisäuberungen angeheuert. Julian Lewis half in den 70er und 80er Jahren der Labour Partei bei der Abwehr trotzkistischer Maulwürfe. Dann wechselte Lewis zu den Tories, für die er heute im Parlament als „whip“ (Fraktionseinpeitscher) arbeitet. Als erstes zog Lewis die Notbremse, als Europaabgeordnete der Tories überlegten, die liberal-konservative Europäische Volkspartei (EVP) zu verlassen und statt dessen ein Bündnis mit der italienischen Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini zu bilden. Bislang sei noch keine Entscheidung getroffen, heißt es aus Parteikreisen, aber es gebe eine starke Bewegung gegen die EVP.

Das nächste Ziel von Lewis wurde der in London ansässige „Conservative Monday Club“. Im Monday Club, der etwa 700 Mitglieder hat, sammeln sich die Anhänger des verstorbenen rechtskonservativen Politikers Enoch Powell. 1968 warnte dieser in seiner berüchtigten „rivers of blood“-Rede vor einem möglichen Bürgerkrieg als Folge einer weiter ungehemmten Einwanderung. Der damalige Tory-Chef Edward Heath entfernte Powell aus seinem Schattenkabinett und drängte die Einwanderungsskeptiker an den Rand. Zeitweilig hatte die rechtsextreme National Front bei Wahlen Erfolge, bis Margaret Thatcher in den 80er Jahren zumindest verbal eine restriktivere Einwanderungspolitik vertrat.

Parteisäuberung wie einst bei der Labour Party

Der Monday Club spricht sich für einen Zuwanderungsstopp aus und erinnert an die Möglichkeit der freiwilligen Rückführung von Ausländern. Solche Töne gelten heute als inakzeptabel. Die Parteispitze um IDS und Lewis hat drei Abgeordnete - Andrew Hunter, Andrew Rosindell und Angela Witkinson - gezwungen, ihre Mitgliedschaft beim Monday Club niederzulegen. Des weiteren darf sich der Club nicht mehr eine offizielle Gliederung der Partei nennen und muß das „Conservative“ aus dem Namen streichen. Allerdings bestehen Chancen auf Wiederaufnahme in die Tory-Familie, wenn der Club beweisen könne, daß er nicht rassistisch sei, teilte die Parteispitze den Vorsitzenden Lord Sudeley und Viscount Massereene and Ferrard mit.

Neben ihrer Tätigkeit beim Monday Club sind die beiden Adeligen sowie der langjährige Parlamentarier Hunter Mitarbeiter der Zeitschrift Right Now!. Das seit 1993 in London erscheinende Magazin hält enge Kontakte zu konservativen Politikern, gerät jedoch immer wieder ins Sperrfeuer linker Medien. Nach dem Willen von IDS und Lewis sollen nun auch zu Right Now! alle „links“ gekappt werden, da es eine „rassistische Publikation“ sei. Derek Turner, der Herausgeber, wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Es gibt einen Punkt, wo die konservative Partei gegen die politische Korrektheit aufbegehren muß“. Mit Blick auf die schweren Unruhen in Nordengland Mitte des Jahres sagte Turner, es dürfe nicht jeder als Rassist bezeichnet werden, der glaube, daß es „eine ernsthafte Diskussion über die Beziehungen der Rassen geben muß“. Zum Recht auf freie Rede gehöre, daß auch unbequeme Dinge ausgesprochen werden.

Während sich die bürgerliche Opposition krampfhaft nach rechts abgrenzt, um auch den linksliberalen Medien zu gefallen, macht die „New Labour“-Regierung von Premier Tony Blair CSU-Politik: Asylanten werden demnächst nicht mehr über das ganze Land verstreut auf Staatskosten bei Privatvermietern untergebracht. Dieser Versuch - gestartet zur „Entlastung“ Londons, wo die meisten hin wollten - scheiterte an organisatorischen Schwierigkeiten. Innenminister David Blunkett will jetzt über das ganze Land verteilt „Auffangzentren“ bauen, wo die Asylbewerber bis zur Erledigung ihres Antrags bleiben müssen. Zur Verkürzung des Berufungsverfahrens bei Ablehnung eines Asylgesuchs wird nun das Berufungsrecht auf rein juristische Punkte begrenzt. Zur „Bekämpfung von Betrug“ bekommen alle Asylsuchenden eine Identitätskarte mit Foto und Fingerabdruck - britische Staatsbürger haben nicht mal einen Personalausweis.

Allerdings erhalten Asylbewerber ab kommendem Jahr bis zum Entscheid über ihren Antrag wieder Bargeld. Die bisherigen Gutscheine zum Kauf von Nahrungsmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern haben die erhoffte „abschreckende Wirkung“ verfehlt - die Asylbewerberzahlen stiegen trotzdem an. Die Abschaffung der Gutscheine erfolgt sukzessive und soll im nächsten Herbst beendet sein.


 
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