© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001

 
Meldungen

Belgischer Minister attackiert Berlusconi

BRÜSSEL. Belgiens Außenminister Louis Michel hat mit erneuter Kritik an Italiens Premier Silvio Berlusconi die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern schwer belastet. Der wallonische Liberale hatte am 7. Oktober in einer RTL-Politsendung dem Forza Italia-Chef für sein Auftreten nach den Terroranschlägen in den USA „null Punkte“ erteilt. Seit dem Ende des EU-14-Boykotts gegen Österreich hatte Michel die jetzt in Rom regierende Mitte-Rechts-Allianz „Casa delle Libertà“ als „rechte Gefahr“ scharf kritisiert. Letzte Woche wurde nun Belgiens Botschafter in Rom mitgeteilt, die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern würden auf das Notwendigste beschränkt. Ein „Versöhnungstreffen“ zwischen Michel und Italiens Außenminister Renato Ruggiero beim EU-Rat in Luxemburg wurde nach zehn Minuten beendet. Kurz vor dem EU-Gipfel in Gent hat sich nun Belgiens Premier Guy Verhofstadt telefonisch entschuldigt: „Nach dem Anruf ist für uns der Fall geklärt, es hat sich um einen sehr peinlichen Vorfall gehandelt“, so Berlusconi-Sprecher Paolo Bonaiuti.

 

Kritik am „Foltern für das Vaterland“

PARIS. Die Gefangenenhilfsorganisation „amnesty international“ hat in der Septemberausgabe des deutschen ai-Journals französischen Sicherheitskräften schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. In Frankreich komme es „wiederholt zu exzessiver und bisweilen tödlicher Gewaltanwendung durch die Polizei“. Unter dem Titel „Foltern für das Vaterland“ wird in der Oktoberausgabe des ai-Journals Kritik an der Pariser Weigerung geübt, Vertreter der Sicherheitskräfte zur Rechenschaft zu ziehen, die sich der Folterung oder Ermordung von Gefangenen im Algerien-Krieg (1954-1962) schuldig gemacht haben. Derartige „Kriegsverbrecher“ hätten nach Kriegsende ihre Karriere ungestört fortsetzen können. Als Beweis werden die Memoiren des 82jährigen Ex-Generals Paul Aussaresses zitiert: „Sie ist effizient, die Folter. Die meisten brechen zusammen und reden. Dann erledigten wir sie.“

 

EU-Gerichtshof prüft Klage gegen Nato

STRASSBURG. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prüft eine Beschwerde gegen 17 Nato-Staaten, darunter auch Deutschland. Die Eingabe richte sich gegen die Bombardierung des serbischen Rundfunksenders RTS in Belgrad am 23. April 1999 durch die Nato. Die Beschwerde sei von einem Überlebenden sowie Angehörigen getöteter RTS-Mitarbeiter eingereicht worden. Das Gericht werde den Antrag zunächst auf seine Zulässigkeit prüfen. Bei dem Bombenangriff während des Kosovo-Krieges waren 16 Menschen getötet und 18 weitere verletzt worden.

 

Abhörzentrum Lourdes steht vor Schließung

MOSKAU/HAVANNA. Das von Rußland und Kuba seit 1964 betriebene Spionagezentrum Lourdes (bei Havanna) soll noch vor Jahresende geschlossen werden. Dies gab Präsident Wladimir Putin letzte Woche in Moskau bekannt. Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 hat Rußland sukzessive seine Hilfe für das Regime Fidel Castros reduziert. Der russische General Anatoli Kwaschnin erklärte, Lourdes koste 200 Millionen Dollar im Jahr, dafür könnten 20 militärische Aufklärungssatelliten ins All geschossen werden. Für US-Präsident George W. Bush ist der Entscheid ein weiteres Zeichen dafür, daß der Kalte Krieg vorbei sei. Letztes Jahr hatte das US-Repräsentantenhaus ein Gesetz verabschiedet, das Washington verbot, Rußland beim Abbau seiner Auslandschulden entgegenzukommen, solange Lourdes nicht geschlossen sei. Auf Kuba leben zur Zeit 1.500 russische Techniker und deren Familienangehörige. Kubas Verteidigungsminister Raúl Castro zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung.


 
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