© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001


Krieg und Frieden
von Jörg Fischer

Die Warnungen von CDU, Bürgerrechtlern und Springer-Presse halfen nichts - fast ein Viertel der Sitze im neuen Berliner Abgeordnetenhaus nehmen PDS-Genossen ein. Im Ostteil der Hauptstadt fast die Hälfte der Stimmen, im Westteil erstmals deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde - damit hatten die „politischen Beobachter“ nicht gerechnet. Schnell waren Erklärungen zur Hand: Medienstar Gysi, die soziale Basisarbeit, Arbeitslosigkeit, die angebliche Vernachlässigung des „Ostens“, der Bankenskandal - doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Deutschland befindet sich faktisch in einem unerklärten Kriegszustand. Eine beängstigende Einheitsfront von Union bis zu den Grünen sieht in den „Militärschlägen“ die richtige Antwort auf den Terror gegen die USA - obwohl die Islamisten (bis jetzt!) überhaupt keine deutschen Ziele im Visier haben. Die PDS agierte als einzige ernst zu nehmende Gruppierung klar als Antikriegspartei. Sie distanzierte sich von den Bombenangriffen auf Afghanistan. Diese Haltung war nicht nur für enttäuschte Grün-Wähler ein Grund, diesmal der Ex-SED ihre Stimme zu geben. Selbst 30.000 bisherige CDU-Wähler sollen PDS gewählt haben! Wenn es um Krieg und Frieden geht, stehen alle anderen politischen Überlegungen hinten an - selbst daß in der PDS viele Ex-NVA-Offiziere sind, die vor 1989 die „Befreiung“ von West-Berlin oder Köln planten, spielt keine Rolle mehr. Und wer, wie die NPD, martialisch mit Springerstiefeln und schwarz-weiß-roten Fahnen durch die Straßen marschiert, erscheint als „Friedenspartei“ unglaubwürdig.


 
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