© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/01 12. Oktober 2001

 
CD: Pop
Je öfter, je besser
Volker Kempf

Ü ber dreieinhalb Jahre war es ruhig um die schottische Erfolgsgruppe Simple Minds. Die Rock-, Pop-, und New-Wave-Band aus Glasgow wechselte 1998 von Virgin Records zu EMI und brachte die CD „Neapolis“ heraus. Es folgte zuletzt ein Wechsel zu Eagle Records. Bei all diesen Wirren ging ein 1999 fertig produziertes Album für die Fans bis auf weiteres verloren: „Our Secrets Are The Same“.

Jetzt melden sich die Glasgow-Rocker mit dem Cover-Album „Neon Lights“ zurück, also mit nachgespielten - besser: neu interpretierten - Songs anderer Musikgruppen. Gleichwohl ist das Album eine typische Simple Minds-Scheibe geworden, insofern sie immer interessanter klingt, je öfter man sie sich anhört.

Dabei schlagen einige Stücke wie Blitze ein: Das gilt für „Dancing Barefoot“ von Patti Smith, an dem sich auch schon die Kult-Band The Mission versucht hat. Doch was Simple Minds da vorgelegt haben, ist so gut gespielt, gesungen und neu aufgemacht, daß es einen den ganzen Tag als Ohrwurm verfolgen kann.

Auch „Bring On The Dancing Horses“ von der New-Wave-Band Echo & The Bunnymen zählt zu den Höhepunkten des Cover-Albums und brilliert neben der wunderbaren Melodie mit elektronischer Finesse, die man am besten mit dem Kopfhörer heraushört. „Homosapien“ von Pete Shelley von den Buzzcocks überzeugt durch einen mitreißenden Rhythmus und einen Jim Kerr, der sich beherzt die Seele vom Leib singt. Das Stück fängt bescheiden an, so daß man seine Durchschlagkraft beim ersten Anspielen leicht verkennt.

Mit großer Spannung durfte das Titelstück „Neon Lights“ von der deutschen Gruppe Kraftwerk erwartet werden, handelt es sich doch um jene Band, der Simple Minds wesentliche Impulse für ihre richtungsweisenden Alben aus der Zeit um 1980 verdanken. Es war die Zeit, als mit elektronischen Elementen in der Musik experimentiert wurde, wie sie sich dann bald in der Pop-Musik durchsetzten. Das gecoverte „Neon Lights“ übertrifft alle Erwartungen und klingt wie eine Verbeugung vor der Band aus Deutschland.

Dagegen klingen „Gloria“ von Van Morrison sowie „Hello I Love You“ von den Doors einfallslos nachgespielt. Wenn man sich den Stücken aber langsam öffnet, macht man auch hier manch angenehme Entdeckung; es sind Stücke, die vor allem die ganz frühe Phase der Simple Minds bestimmt haben.

Das gilt auch im Falle von David Bowie und seinem Lied „The Man Who Sold The World“. Bei Bowie hatten die Simple Minds Ende der 1970er Jahre noch durch einen Zufall bei Plattenaufnahmen als Background gedient. Die Zeiten haben sich geändert, und die Simple Minds drücken ihre Dankbarkeit auf ihrem abwechslungsreichen Cover-Album „Neon Lights“ aus.

Doch damit nicht genug, sorgen ruhigere Stücke, etwa von Roxy Music („For Your Pleasure“) und Neil Youngs Klassiker zum Thema Drogensucht „The Needle and The Damage Done“ für Abwechslung. Was einem selbst gut gefällt, singt man auch am ehesten von Herzen nach. Das hört man vor allem bei „All Tomorrow’s Parties“ von The Velvet Underground heraus.

Wer sich beeilt, kann noch die zum Album gehörende EP „Dacing Barefoot“ erwerben, die es nur als limitierte Edition gibt. Zwei der vier Lieder auf dieser EP - wie früher Singles hießen, die mit nur 33 und 1/3 Umdrehungen pro Minute liefen, um vier statt nur zwei Songs unterzubringen - sind auf „Neon Lights“ nicht zu finden. Es handelt sich um eingängige, tanzfreudige Interpretationen von „Being Boiled“ der New-Wave-Band The Human League sowie von Paul Youngs „Love Will Tear Us Apart“.


 
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