© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/01 05. Oktober 2001 |
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Zitate Was ist Osama bin Laden? Er ist das amerikanische Familiengeheimnis. Er ist der dunkle Doppelgänger des amerikanischen Präsidenten. Der brutale Zwilling alles angeblich Schönen und Zivilisierten. Er ist aus der Rippe einer Welt gemacht, die durch die amerikanische Außenpolitik verwüstet wurde, durch ihre Kanonenbootdiplomatie, ihr Atomwaffenarsenal, ihre unbekümmerte Politik der unumschränkten Vorherrschaft, ihre kühle Mißachtung aller nicht-amerikanischen Menschenleben, ihre barbarischen Militärinterventionen, ihre Unterstützung für despotische und diktatorische Regimes, ihre wirtschaftlichen Bestrebungen, die sich gnadenlos wie ein Heuschreckenschwarm durch die Wirtschaft armer Länder gefressen haben. Arundhati Roy, indische Schriftstellerin, in der FAZ vom 28. September
Das, was wir in Amerika erleben als die Fähigkeit eines Volkes, sich in einer sehr schwierigen Situation zusammenzutun, als ein Volk mit einer eigenen Identität, das ist in nahezu allen Völkern der Welt eine Selbstverständlichkeit, und das gibt es natürlich auch in Deutschland. Die nationale Identität eines Volkes ist doch nichts Böses, ist schon gar nichts Rassistisches. Es ist eine der Voraussetzungen, daß ein Volk auch in der Lage ist, tolerant mit anderen umzugehen. Wer will, daß Europa grenzenlos wird, der muß den einzelnen Völkern in Europa auch die Chance geben, ihre eigene Identität zu leben und zu kennen und die Möglichkeit zu haben, sich dort auch ein Stück zusammengehörig zu fühlen. Roland Koch, hessischer CDU-Ministerpräsident, im Deutschlandfunk-Interview am 25. September
Das Chaos der Neuen Weltordnung ist vorprogrammiert. Allein die Sprache
ist entlarvend. Es ist die Sprache eines impotent gewordenen Riesen, der mit
Bambusstöcken aus Vietnam vertrieben wurde und in der Schweinebucht seine
Zähne velor. Ihm will nicht in seinen Kopf, daß es Menschen gibt, die sich
für die Unabhängigkeit ihres Landes ihr Leben einsetzen. Heißes Denken
ist nicht seine und unsere Sache, wie Rüdiger Safranski kürzlich anmerkte. Wir
sind bestechlich geworden, Ökonomismus und Konsumismus sind unsere Friedrich Romig in der Wiener Zeitung Die Presse vom 27. September
Die USA wurden nicht einfach eines Potenzsymbols der amerikanischen Weltwirtschaft beraubt, sie fühlten sich als Land und als Nation angegriffen und reagieren darauf mit kriegerischen Reflexen. Das deutet darauf hin, daß die Volksgemeinschaft weniger aus gemeinsamen Werten, moralischen und politischen Zielen entsteht, sondern aus einem gemeinsamen Trauma. Die Politiker bilden eine große Kriegskoalition, junge Männer melden sich freiwillig zum Kriegsdienst, die Kommentatoren freiwillig zur Kriegsberichterstattung. Peter Sloterdijk, Philosoph, im Interview mit dem Wiener Profil 39/01 |