© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/01 28. September 2001

 
Jungmädchenträume
Kino: „Die Gottesanbeterin“ von Paul Harather
Ellen Kositza

Trixi Jancik war ihrem Siggi jahrzehntelang treue Ehefrau und gute Mutter des gemeinsamen Sohnes. Mit dem Alter ist der Gatte ein knickriger Miesepeter geworden, ein impotenter Kotzbrocken, der Trixi durch die dunkle Wohnung scheucht, das Mahl zu bereiten, den Medikamentencocktail fürs holpernde Herz zu verabreichen. Den Schlüssel zum vermeintlich reichgefüllten Geldschrank hält Siggi streng verwahrt. Dennoch findet Trixi Wege, gelegentlich ihrer heimlichen Leidenschaft, dem Pferderennen, zu frönen.

Die Rennbahn ist für Trixi das Tor zur weiten Welt, die ihr unerschlossen blieb, adelige Gesellschaft, Boulevard; Jungmädchenträume einer sechzigjährigen Kleinbürgerin. Beim Wetten muß einmal Kalli aushelfen, der schmierige Freund von Trixis bester Freundin. Die finanzielle Leistung erweist sich als fatale Fessel auf Zeit, denn Kalli fordert, auch für sein Schweigen, fortan körperlichen Tribut. Wider Erwarten erlöst das durch manipulierte Medikation herbeigeführte Ableben Siggis die glückliche Witwe nicht aus ihrem Dilemma, das erhoffte Erbe ist nur ein mickriger Betrag.

Weil’s aber so schön einfach ging, das Töten, wagt sie ein Neues und versucht sich mit Erfolg als Heiratsschwindlerin, die ihre Männer nach Erduldung peinlicher Geschlechtsakte um die Ecke bringt. Derart wird aus der „Erbin der Guldenburgs“ Christine Hörbiger als Trixi eine männermordende Gottesanbeterin. Trixis Ziel ist neben dem Freikauf vom erpresserischen Kalli, eine standesgemäße Geliebte des angebeteten Herrn Stein zu werden. Stein, wesentlich jüngerer Mann von Welt, ist eine Rennbahnbekanntschaft und hat nach einer Liebesnacht Trixis Herz gebrochen.

Natürlich ist diese Geschichte ziemlich platt, voraussehbar bis an ihr Ende. Regisseur Paul Harather folgt dem populären Strickmuster gängiger Frauenkrimis à la Ingrid Noll minus Weibersolidarität, fügt pikante Schlüpfrigkeit hinzu und spart nicht an morbider Blutrünstigkeit, wie es eben modern ist. Weil die Männer hier alle bös und krank sind und ihr Ende durch Trixis Hand absehbar, täuschen die Herren Filmkritiker ein Gähnen vor und verlassen den Kinosaal. Sie verpassen daher die Hörbiger als Lack-und-Leder-Domina im Palast des Künstlers Julius Quellenreich (Udo Kier, nicht böse, aber krank), das ist schon mehr witzig als degoutant, einer der wenigen Glanzpunkte dieses Films aus Österreich. Wo Aussage und Einfallsreichtum Servus gesagt haben, bleiben dennoch anderthalb wenigstens unterhaltsame Stunden.

Bedenklich ist nichtsdestotrotz, daß die Geschichte einer kaltblütig und berechnend ihre Männer tötenden Frau als leichte Komödie durchgeht - im geschlechtlich umgekehrten Fall wäre das schwer denkbar. Aber, wer zuletzt lacht, lacht am besten, möchte man die gekränkten Herren Filmkritiker schlußendlich wieder hereinrufen. Denn Trixis Hochmut kam vor ihrem Fall.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen