© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/01 28. September 2001

 
Meldungen

Oberbürgermeister von Kassel muß vor Gericht

KASSEL. Der Oberbürgermeister von Kassel, Georg Lewandowski (CDU), muß sich wegen des Abrisses der „documenta“-Treppe vor Gericht verantworten. Das Landgericht Kassel habe die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen das Stadtoberhaupt sowie gegen zwei seiner Dezernenten zugelassen, teilte eine Gerichtssprecherin am Montag mit. Weil sie mit dem vorschnellen Abriß vor gut einem Jahr ein Ordnungsgeld von 400.000 Mark riskiert hatten und damit städtisches Vermögen in Gefahr gebracht haben sollen, drohen ihnen wegen schwerer Untreue bis zu sechs Monate Haft. Der Prozeß könnte im November beginnen. Ebenfalls angeklagt sind Rechtsdezernent Ingo Groß (SPD) und Stadtbaurat Bernd Streitberger (CDU). Die Stadt hatte die umstrittene, zum „documenta“-Kunstwerk erklärte Holztreppe auf dem zentralen Königsplatz in einer Nacht- und-Nebel-Aktion abgerissen, nachdem ein Landgerichtsurteil dazu prinzipiell grünes Licht gegeben hatte. Allerdings hatte die Stadt die Rechtskraft des Urteils nicht abgewartet.

 

Papst verurteilt westliche Konsum-Kultur

ASTANA. Papst Johannes Paul II. hat am Montag bei seinem Besuch im überwiegend moslemischen Kasachstan die Konsum-Kultur des Westens verurteilt. Nach dem „militanten Atheismus“ des Kommunismus seien die neuen Gefahren „Genußsucht (Hedonismus) und Konsumdenken“. Der Papst sprach zu Priestern bei einer Messe in der kasachischen Hauptstadt Astana. Mit Blick auf die deutschstämmige Minderheit in der ehemaligen Sowjetrepublik sprach er die entscheidenden Passagen seiner Predigt in deutsch. Zugleich erinnerte er an die Verfolgungen und Leiden der Kirche während der Sowjetherrschaft. Priester und Gläubige seien deportiert, inhaftiert und öffentlich verhöhnt worden. Kasachstan wurde beim Zusammenbruch der Sowjetunion vor zehn Jahren unabhängig. Von den 15 Millionen Einwohnern sind nur etwa 250.000 bis 350.000 Katholiken.

 

Theaterhaus Köln hält an Skandalstück fest

KÖLN. Ungeachtet des Drucks durch die Stadt will das Theaterhaus Köln an der Aufführung des Skandalstücks „Corpus Christi“ festhalten. Für die Aufregung um das Stück, das Jesus und seine Apostel als trinkfreudige Homosexuelle darstellt, habe man wenig Verständnis, sagte ein Sprecher des freien Theaters. Es gehe der Truppe nicht um Provokation. „Da wird vieles zu heiß gekocht.“ In einem Offenen Brief hatte Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) das Theaterhaus aufgefordert, die für den 2. Oktober geplante Premiere abzusetzen. Gerade in diesen Tagen sei der Glaube für viele Menschen die einzige Zuflucht. „Wir haben es hier nicht mit bloßer Provokation zu tun, wir sind hier einer massiven Verletzung religiöser Gefühle, einer Verletzung von Sitte und Anstand ausgesetzt, die sich nicht mehr ertragen läßt“, so Schramma.

 

Rückgabe des Bach-Archivs beschlossen

KIEW. Die Regierung der Ukraine hat die Rückgabe des im Zweiten Weltkrieg als „Beutekunst“ nach Kiew gebrachten Notenarchivs von Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) an Deutschland beschlossen. Die mehr als 5.100 Blätter des Archivs, das der Berliner Singakademie gehörte, sollten Bundeskanzler Gerhard Schröder bei den deutsch-ukrainischen Regierungskonsultationen übergeben werden, meldete die Agentur Interfax in Kiew. Die Konsultationen wurden jedoch wegen der internationalen Lage nach den Terrorangriffen auf die USA verschoben. Einen neuen Termin gab es zunächst nicht. Der Nachlaß des zweitältesten Sohnes von Johann Sebastian Bach umfaßt 534 Partituren und Handschriften.


 
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