© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/01 28. September 2001


Russische Angebote
von Jörg Fischer

Als der russische Präsident Wladimir Putin genau zwei Wochen nach den Terroranschlägen in den USA seine erste Rede im Bundestag hielt, war der Kampf gegen „Internationale Terroristen“ ein Haupthema seiner auf deutsch gehaltenen Rede. Er begründete seine harte Haltung in der Tschetschenien-Frage mit dem Kampf gegen „religiöse Fanatiker“, die einen „neuen fundamentalistischen Staat zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meer“ schaffen wollten. Das wirkte: „Je mehr man davon erfährt, desto mehr Verständnis hat man auch für Rußland“, erklärte etwa Hans-Otto Wilhelm (CDU).

Putin warb für Vertrauen in sein Land: „Der kalte Krieg ist vorbei.“ Doch er ging noch weiter: Europa könne langfristig seine Rolle in der Welt nur dann behaupten, „wenn es die eigenen Möglichkeiten mit den russischen“ vereinige. Und zumindest ökonomisch sollte dieses Angebot angenommen werden - nicht wegen, sondern trotz Tschetscheniens: Andere Partner kannten leider auch wenig Skrupel. Schon heute bezieht Deutschland den Löwenanteil seiner Öl- und Gasimporte nicht mehr aus der arabischen Welt, sondern aus Rußland. Wir sind Hauptgläubiger und wichtigster Wirtschaftspartner. Ein instabiles Rußland trifft uns stärker als Börsenschwankungen an der Wall Street.

Doch den überraschendsten Satz sagte Putin nicht im Reichstag, sondern zuvor im Schwarzmeerort Sotschi der Bild-Zeitung: „Kein Land darf ewig unter der Schuld leiden, die es einmal in der Geschichte auf sich geladen hat.“ So war das aus „westlichem Munde“ noch nicht zu hören.


 
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