© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/01 21. September 2001 |
||||
Nachhilfe im Völkerrecht Carl Schmitt in Nürnberg Klaus Weber Angesichts des brennenden Manhattan gibt es kaum eine aktuellere Lektüre als Carl Schmitts völkerrechtliche Schriften. Schlägt man etwa das 1969 geführte Gespräch über den Partisanen nach, stößt man schnell auf die Passage über jenen heute Schläfer genannten Typus, der in der Berufskleidung des Kinderarztes die Talsperren des Sauerlandes sprenge. Als Vademecum inmitten des hysterischen Wir sind alle Amerikaner-Geschreis empfiehlt sich auch das 1945 erstellte, 1994 bei Duncker & Humblot von Helmut Quaritsch edierte, kompendiös kommentierte und erläuterte völkerrechtliche Gutachten Schmitts über Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges und der Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege. Es führt mitten hinein in die völkerrechtlichen Formen des modernen Imperialismus der USA, jene suggestiven Juridizierungen und Moralisierungen, die 1946 auch benutzt wurden, um die deutsche wie japanische Führung zu Alleinschuldigen am Zweiten Weltkrieg zu stempeln und sie unter anderem wegen des völkerrechtlich inexistenten Tatbestandes der Vorbereitung eines Angriffskrieges aufzuhängen. Diese brisante Edition, von der mittlerweile eine japanische Ausgabe erschien, hat Quaritsch nun um Gutachten und Befragungsprotokolle ergänzt, die entstanden, als der vermeintliche Kronjurist des nationalsozialistischen Deutschen Reiches selbst im Nürnberger Justizgefängnis inhaftiert war, weil die US-Amerikaner erwogen, ihn wegen intellektueller Vorbereitung eines Angriffskrieges auf die Anklagebank zu setzen. Kernstück dieser Edition sind Schmitts souveräne Stellungnahmen zum Vorwurf der Untermauerung der Hitlerischen Großraumpolitik und der Teilnahme am ominösen Delikt des Angriffskrieges. Die Befragungen dokumentieren überdies das erschreckend kleingeistige Format Robert W. Kempners, der Schmitt verhörte und auf dessen Autorität sich die denunziatorisch-prosekutorischen Anti-Schmittianer stets berufen konnten.
Carl Schmitt: Antworten in Nürnberg. Herausgegeben und kommentiert von Helmut Quaritsch, Dun-cker & Humblot, Berlin 2000, 153 Seiten, 6 Tafeln, 68 Mark |