© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/01 21. September 2001


Irrtümer
von Ivan Denes

Ein Irrtum zieht sich quer durch die Kommentare zur Tragödie vom 11. September, nämlich daß es einen unmittelbaren Zusammen-hang gibt zwischen der Nahostkrise und dem Terror gegen die USA. Aber die Anschläge wurden drei bis fünf Jahre lang vorbereitet, die Planung begann in einer Zeit, in der der „Oslo-Prozeß“, also die Friedensverhandlungen noch aussichtsreich im Gange waren. Osama bin Ladens zentrales Ziel ist die Vertreibung der Amerikaner aus Saudi-Arabien, vom Boden der heiligen Städte Mekka und Medina. Palästina ist für ihn zweitrangig. Unter den 19 bekannten Terroristen gibt es - bislang - einen einzigen Palästinenser. 18 waren Saudis, Libanesen, Ägypter, sie hatten keinen nationalen Anlaß zum Selbstmord, ihre Motivation war rein religiös-ideologisch.

Während die palästinensischen Kamikaze-Terroristen einfache junge Männer sind, waren die in den vier Flugzeugen Männer mit meist akademischem Hintergrund, die kaum glauben konnten, 72 Jungfrauen warteten nun auf sie im Paradies. Kurzum: Ein ganz anderer Menschenschlag, der in Hamburg oder Florida nicht von den Verlockungen der Konsumgesellschaft in Versuchung gebracht werden konnte. Es waren Mitglieder einer sektenartigen Verschwörung - deren „Meister vom Stuhl“ vielleicht tatsächlich Osama bin Laden ist -, die mit eisernem Willen die abendländische Zivilisation zum Einsturz bringen will. Sie würden weiterkämpfen, auch wenn Israel aus den Atlanten verschwände. Samuel P. Huntington läßt grüßen.


 
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