© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/01 14. September 2001


Kommendes Bauernopfer
von Matthias Bäkermann

Rudolf Scharping hat den Skandal um Liebesflüge und Geheimnisverrat überstanden, so scheint es. Bedanken kann er sich bei einer hilflosen Opposition, die ohne Strategie heute dieses und morgen jenes gegen ihn vorbrachte und auch von der massierten Schützenhilfe der Presse gegen Minister Tolpatsch nicht profitieren konnte.

Obwohl auch die Regierung durch diesen Skandal viele Federn lassen mußte, ist ein Scharping als Verteidigungsminister für Bundeskanzler Schröder ein gottgeschenkter „nützlicher Idiot“. Erstens hat er damit verhindert, sich von ernsthaften Kandidaten wie Klose und Voscherau Absagen einzuhandeln, was wahrscheinlich gewesen wäre, denn diese hätten sich das derzeitige Verteidigungsbudget nicht bieten lassen. Das Budget ist auch der weitere Kernpunkt. Die nun anstehende Haushaltsdebatte ist wegen der schlechten Konjunkturdaten auf einen schwachen Verteidigungs-Ressortchef angewiesen, der Ja-und-Amen-sagend weitere Streichungen abnicken wird, egal wie mangelhaft der Ausrüstungszustand der Bundeswehr auch ist.

Damit wären wir beim dritten Punkt: Falls in nächster Zukunft im Einsatz etwas schiefgehen sollte, wäre für das berühmte Bauernopfer niemand geeigneter als Scharping . Daß vieles beim heiklen Mazedonieneinsatz schiefgehen wird, ist nicht unwahrscheinlich. Die 30-Tage-Frist scheint schon jetzt nur der Beginn einer Jahre dauernden Anwesenheit zu sein. Und im Gegensatz zum „Blumenkrieg“ im Kosovo werden aus Mazedonien auch beflaggte Särge wiederkommen. Spätestens dann ist der „Ritter von der traurigen Gestalt“ fällig.


 
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