© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Balzzeit im Großstadtdschungel
Kino (I): Renée Zellweger und Hugh Grant in der Komödie „Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück“
Werner Olles

Wer mit 32 immer noch Single ist, und das auch noch in London, ist selbst an seinem Schicksal schuld. Bei Bridget Jones (Renée Zellweger) trifft dieses Vorurteil jedoch ganz und gar nicht zu, denn sie ist wirklich eine patente und noch dazu recht ansehnliche junge Frau, aber mit den Männern läuft es halt irgendwie schief. Da wäre beispielsweise der Anwalt für Menschenrechte Mark Darcey (Colin Firth), ein Nachbar aus Kindertagen, in dessen Garten sich Bridget im zarten Alter von vier Jahren pudelnackt tummelte. Aber daran erinnert der sich natürlich nicht mehr, und außerdem trägt er grauenvolle Rentier-Pullover und laboriert immer noch an einer mittelschweren Depression inklusive erheblicher Kommunikationsprobleme mit dem weiblichen Geschlecht, weil ihn seine japanische Ehefrau wegen eines anderen Mannes schnöde verlassen hat.

Bridgets Chef im Londoner Verlagshaus, Daniel Cleaver (Hugh Grant), ist da schon von einem etwas anderen Kaliber. Und so beginnt sie einen handfesten Büroflirt mit dem glänzend aussehenden Junggesellen, der sich zu einer richtigen Affäre ausweitet. Derweil packt Bridgets Mutter zu Hause ihre Koffer und läßt ihren Ehemann, Bridgets Vater, inmitten von Bergen schmutzigen Geschirrs und ungebügelter Wäsche ziemlich verzweifelt zurück, um ihr neues Glück an der Seite eines windigen Fernseh-Werbefritzen zu suchen.

Am Londoner Schauplatz ertappt Bridget mittlerweile ihren Geliebten Daniel in flagranti mit einer amerikanischen Kollegin. Sie kündigt nicht nur ihm, sondern auch gleich ihren Verlagsjob, und heuert bei einem Fernsehsender an. Und hier trifft sie auch Mark wieder, als dieser in seiner Eigenschaft als Anwalt einen kurdischen Freiheitskämpfer verteidigt, den Bridget interviewen soll. Aber während sie und Mark sich nun langsam näherkommen, versucht Daniel wieder mit ihr Kontakt aufzunehmen. Dann kommt es zwischen Mark und Daniel zu einer schweren Schlägerei, und Bridget erfährt, daß es Daniel war, der Mark damals seine Frau ausspannte …

„Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück“ ist eine stilsichere, perfekt gebaute und bezaubernd altmodische Komödie, die jedoch nicht einfach die Komik menschlicher Schwächen ausbeutet, sondern sich, allerdings in heiter-melancholischer Gelassenheit, ausführlich auf das Thema des uralten, ewigen Geschlechterkampfes einläßt. Aber der Film bringt dies kunstvoll auf einen spielerischen Nenner und fordert dergestalt zu Nachdenklichkeit und Gelächter auf. Die Charaktere der Protagonisten sind von vornherein hintergründig und differenziert angelegt. Werden ihre Schwächen für komische Momente genutzt, behalten die Figuren stets ihre Souveränität, eine doch auch selbstironische Distanz zu den Umständen, in die sie unversehens versetzt werden. So ist Bridgets Leben eine ständige Vaudeville-Nummer, die ihr hilft, über die Widrigkeiten des Single-Alltags hinwegzukommen, und die persönlichen Animositäten und Antagonismen zwischen Daniel und Mark, die zum Schluß ganz offen aufbrechen, stellen schließlich die Weichen für Bridgets endgültige Entscheidung.

„Bridget Jones“ ist, vor allem dank des charmanten Dreiergespanns aus Hugh Grant, ColinFirth und nicht zuletzt der wundervollen Renée Zellweger in der Titelrolle, jenseits des schon im Vorfeld betriebenen Medienrummels ein durchaus intelligenter Film klassischen Zuschnitts. In bester britischer Tradition leicht verschroben und hinreißend komisch - niemand hätte sich eine bessere Würdigung des Kultromans von Helen Fielding wünschen können.

In einer Zeit, in der die Komödie zum Inbegriff für glatte Oberflächlichkeit im Verein mit inhaltlicher Belanglosigkeit verkommt und thematisch hochgesteckter Anspruch oft genug mit explizitem Verzicht auf professionelle Kompetenz einhergeht, hat Sharon Maguires mit makelloser Eleganz inszenierter Film schon jetzt Seltenheitswert.


 
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