© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Schilderstürmerei
Freiburg: Straßennamen sollen nicht mehr nach deutschen Kriegshelden benannt werden
Tobias Wimbauer

Eine Umwertungsdebatte findet jetzt auch im südbadischen Freiburg statt. Im eher „weniger guten Bezirk“ des Stadtteils Unterwiehre haben sich einige Anwohner zusammengetan und wollen sich wohlklingender Straßennamen entledigen. In der Diskussion stehen Straßen, die sich im „Heldenviertel“ befinden, wie der Volksmund trefflich formuliert. Benannt sind sie nach bekannten Soldaten des Ersten Weltkrieges - Oswald Boelcke, Manfred Freiherr von Richthofen, Max von Gallwitz, Admiral von Spee, Max Immelmann, Otto Weddigen -, nach geschichtsträchtigen Kriegsschauplätzen - Langemarck, Skagerrak - und nach im Kriege gefallenen deutschen Dichtern - Gorch Fock, Hermann Löns und Walter Flex. Daß beispielsweise Manfred von Richthofen ein von Freund und Feind geehrter und geachteter Soldat war, spielt bei den Namenseiferern keine Rolle.

Das deutsch-französische Frontkämpfertreffen im Juli 1937 wurde von der hiesigen Presse begrüßt: „Geeint in Frieden und Freundschaft“ lautete die seinerzeitige Schlagzeile der Freiburger Zeitung. Die Veteranen des Ersten Weltkrieges begrüßten die ehemaligen Gegner aus Besançon, noch heute Partnerstadt Freiburgs, im Oktober des gleichen Jahres fand der Gegenbesuch der Soldaten in der Hauptstadt des Département Doubs statt. Von der Bevölkerung begeistert begrüßt, wurden damals auch an den Gefallenendenkmälern Kränze niedergelegt und der Toten des Krieges auf beiden Seiten gedacht. „Die im Kriege Gefallenen werden von Göttern und Menschen geehrt“, hat schon der griechische Philosoph Heraklit bemerkt. In Frankreich hat man auch heute noch keinerlei Problem mit dem Gedenken an die Toten des Krieges, in Deutschland gehört die Entledigung der Geschichte zum „guten Ton“. Das Umbenennungsbegehren freilich ist lächerlich.

Die Diskussion ist kein Novum im Breisgau. 1984 bereits hatte die Freiburger SPD eine Entsorgung der Straßennamen gefordert, war aber mit ihrem Antrag nicht durchgekommen. Nunmehr plädiert sie für eine erneuerte Mahntafel und lehnt eine Umbenennung ab.

Noch steht die Stadt Freiburg dem Verlangen dieser einzelnen Bürger, die sich im Bürgerverein Mittel- und Unterwiehre organisiert haben, abweisend gegenüber, obgleich sie seit vielen Jahren sozialdemokratisch regiert wird.

Eine richtige Debatte ist freilich nicht im Gange. Derlei kommt jeden Sommer wieder; in diesem Jahre ist es wohl opportun, die angebliche „Erblast der Nazis“ loswerden zu wollen, wie in einem Beitrag zu dem Thema im Neuen Deutschland zu lesen ist. Vielleicht folgt alsbald noch eine Debatte, daß das Badnerlied („Das schönste Land in Deutschlands Gauen“) nicht mehr vor den Bundesligaspielen im Dreisamstadion gesungen werden darf? Diese wäre ebenso überflüssig wie die Schilderstürmerei des Bürgervereins. Über die Freiburger Rosa-Luxemburg-Straße regt sich - wenig überraschend - kein Bürger auf.


 
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