© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/01 10. August 2001

 
Zwillingsforschung
von Angelika Willig

Amerika hat zwei Gesichter. Da ist die fortschrittsgläubige, computerbegeisterte Fernseh- und Auto-Nation, die auch das Weltklima für käuflich hält. Und da ist auf der anderen Seite der ewige Cowboy, der an den lieben Gott mit dem langen Bart glaubt und daß die Guten immer gewinnen. Die Entscheidung des Repräsentantenhauses für ein striktes Verbot des Klonens von Menschen hat mit Sicherheit der Cowboy gefällt. Fortschritt fängt harmlos an und potenziert sich. So ist das Klonen eine konsequente, logisch nicht zu umgehende Entwicklung in der medizinischen Praxis und zugleich eine Ungeheuerlichkeit. Von den möglichen Gewebezüchtungen zur Transplantation einmal abgesehen, geht es darum, einen Menschen genetisch zu reproduzieren, d.h. vom Erwachsenen einen künstlichen Zwilling zu erzeugen. Das ist die eigentliche Provokation: eine zweite Erschaffung des Menschen nach eigenem Gusto.

Für Schoßtiere gibt es bereits Bestellungen von identischen Nachkommen zu Preisen um 100.000 Mark. Anbieter ist eine Firma Genetic Savings & Clone, die eng mit der Universität Texas zusammenarbeitet. Tiere sind keine Menschen. Und die Deutschen sind heilfroh, daß die amerikanischen Freunde sie in ihrem Verbot bestätigen. Menschenzüchtung, das geht natürlich in Deutschland nicht, aber die Profite den anderen überlassen will auch keiner. Wenn nur der Cowboy nicht seinen Hut nimmt und der Ostküste Platz macht – vielleicht schon in der fälligen Senatsabstimmung.


 
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