© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/01 13. Juli 2001

 
Meldungen

Ludwig Klages im Dritten Reich

MÜNCHEN. Was die Moral von der Geschicht‘ ist, die uns Tobias Schneider in seiner Studie über den Lebensphilosophen und ersten, gegen die industrielle Vernutzung der Erde auftrumpfenden Ökologen Ludwig Klages, also den Urvater der Grünen, mitteilen möchte, bleibt sein Geheimnis (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 2/01). Immerhin: fast schon wider Willen vermittelt Schneider Einblicke in real (national-)sozialistischen Pluralismus, der sich hinter der Fassade vermeintlich totalitärer Geschlossenheit ausbreitete. Dies könnte kaum besser dokumentiert werden als durch das von ihm ausgebreitete Material über die "ideologische Grabenkämpfe" um den in der Schweiz lebenden Geschichtsdenker, der von Alfred Rosenberg und dessen "Hausphilosophen" Alfred Baeumler sogar mit Hilfe der Gestapo bekämpft, von Darré und anderen NS-Gewaltigen aber hofiert wurde. In peinliche Bedrängnis dürfte Schneider, der nicht verabsäumt, radikale antijüdische Passagen aus Werk und Korrespondenz des Philosophen zu zitieren, die heute immer noch ansehnliche Klages-Gemeinde mit Fundstücken bringen, die belegen, wie dieselben Adepten, die ihren Meister vor 1945 als "wissenschaftlichen Untermaurer des Nationalsozialismus" feierten, ihn danach zum Widerstandskämpfer beförderten.

 

Nationale Regeneration zur Weimarer Zeit

GÖTTINGEN. "Krankheit" und "Gesundung" hätten fest zum sprachlichen Inventar gehört, mit dem die ökonomisch-administrativen Eliten der Weimarer Republik ihre Deutungen der Nation formulierten. Dies behauptet der Berliner Historiker Moritz Föllmer in einem Beitrag über den von Industriellen und hohen Beamten geführten Diskurs zum "kranken Volkskörper" (Geschichte und Gesellschaft 1/01), eine Diskussion, die im Kern schon den aktuellen "Stammzellen"-Streit antizipiert. Denn Föllmer zeigt, wie die sprachlich zementierte Gesundheitsmetaphorik den am "autoritären Staat" orientierten Zielvorstellungen und Interessen Industrieller (damals noch dominierende) nationale Legitimation verlieh. Föllmer macht auch deutlich, daß die Regenerationsrhetorik dort, wo sie zum Einsatz eugenischer Sozialtechnologien riet, "weit über die Anhänger der völkischen Rechten" hinausging und sich auf Linksliberale und Anhänger internationaler Verständigung wie den Großindustriellen Robert Bosch erstreckt habe.

 

Sprache bestimmt das Weltverständnis

STUTTGART. Im Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X. widmet sich Hermann Weinzierl dem Problem Sprache und Erkenntnis.Dabei geht es ihm darum, daß das II. Vatikanische Konzil mit Preisgabe der lateinischen Liturgiesprache als Ausdruck der der katholischen Kirche geschenkten Einheit um eines eingebildeten pastoralen Vorteiles willen wichtiges Terrain preisgab. Gehe es doch nicht nur um die Kommunikation, denn Sprache kodifiziere die Realität. Mit der scholatischen Terminologie sei aber auch die darauf stützende Philosophie weggebrochen; statt Eindeutigkeit zu vermitteln, begann die Zeit vielfältiger Interpretationen und damit der Niedergang der katholischen Kirche.


 
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