© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/01 29. Juni 2001

 
Staatliche Hehlerei
Enteignungen: Konfiskationsgüter unter dem Hammer
Matthias Bäkermann

Der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 sollte im Vorfeld der Wiedervereinigung auch die Rechte von ehemaligen Grundbesitzern auf dem Territorium der DDR regeln. Durch die Sowjetunion und der Regierung der DDR wurde angeblich bei der damaligen Bundesregierung interveniert, um die Enteignungen zwischen den Jahren 1945 und der Gründung der DDR 1949 nicht in die Rechtsordnung der Eigentumsrückführung einzureihen. Dieses wurde damit begründet, daß die Rückgabe zu sehr in mittlerweile bestehende Rechtsgüter von DDR-Bürgern eingreifen würde, welche in den Besitz von Grundstücken und Immobilien durch die damalige "Junkerland-in-Bauernhand"-Bodenreform gekommen waren.

Die Rechtsschritte gegen die dadurch nachträglich abgesegnete Konfiskation in der Sowjetzone wurden vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 23. April 1991 (Az. BvR 1/1170-1175/90) mit der Begründung abgewiesen, daß nach 50 Jahren eine Veränderung des Status quo den Rechtsfrieden der neuen Eigentümer verletzen würde. Grundsätzlich beruft sich das Gericht auf die entsprechenden Statuten des Einigungsvertrages. Auch die Rückgabeforderung des ursprünglichen Besitzes, welcher sich in Bundeshand befindet, scheiterte demzufolge juristisch am 18. April 1996 (Az. BvR 2031/ 94 u.a.), obwohl der Eingriff in den Status quo den Rechtsfrieden kaum tangiert hätte, da nur der Bund betroffen gewesen wäre.

Interessant an der Konfiskationssanktionierung der Einigungsverträge ist, daß eine Güterabwägung zuungunsten der Bürger der neuen Länder, die nach dem Krieg in Besitz gekommen waren, nie im Vordergrund stand, da der Bund im besonderen Maße Nutznießer der Nachkriegsenteignungen geworden ist. Die ehemaligen Besitzer betrachten das als Raub ihres Besitzes durch den Staat, der durch die Gesetzgebung im Kontext der Einigung eine Selbstbegünstigung einleitete, die dem Fiskus Zusatzeinnahmen in beträchtlicher Höhe bescherten.

Im Vorfeld der Proteste gegen die jetzt eingeleitete Veräußerung wurde dem Bund und der von ihr beauftragten "Deutsche Grundstücksauktionen AG" von Betroffenen der Konfiskation Hehlerei vorgeworfen. Gegen diesen Vorwurf wurde Klage angestrengt, die aber im Urteil vom 21. Dezember 2000 vom Kammergericht Berlin (Az. 30/0/37900) abgewiesen wurde.

Vom 20. bis 26. Juni fanden im Schöneberger Rathaus die Auktionen statt, bei der auch die umstrittenen Objekte unter den Hammer kamen. Betroffene protestierten dagegen auf dem Rathausvorplatz, nachdem ihnen der Auktionator Hans Peter Plettner Hausverbot erteilt und sie somit aus der öffentlichen Auktion ausschlossen hatte. Verantwortlich für die Protestaktion, bei welcher Handzettel an potenzielle Bieter verteilt wurden, zeichnete der "Göttinger Kreis – Studenten für den Rechtstaat e.V.".

Für die Auktionen in Erfurt (2. Juli), Dresden (4./5. Juli), Leipzig (7. Juli) und Rostock (13. Juli) planen die "Göttinger Studenten" ebensolche Protestaktionen.


 
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