© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001

 
Blick in die Medien
Emergent
Ronald Gläser

Die Betriebswirtschaftslehre kennt sogenannte emergente Phänomene, die sich in Unternehmen abspielen. Dazu gehören insbesondere politische Prozesse. Diese Analyse der Auseinandersetzung bezieht sich nicht so sehr auf weltanschauliche Konfrontationen, sondern vielmehr auf Konflikte, die von Interessengruppen ausgetragen werden. Das besondere Merkmal ist, daß sich im Kampf um Ressourcen Koalitionen bilden und Macht ausgespielt wird – so wie in der Politik. Lebhaft nachvollziehen kann man diese These vom "politischen Prozeßansatz", wenn zum innerbetrieblichen Machtkampf wirkliche weltanschauliche Gegesätze hinzukommen. Die FAZ-Redaktion ist bekanntermaßen in zwei gegensätzliche Lager gespalten: die Beiträge im Politikteil einerseits und im Feuilleton andererseits. So wurde Eva Menasse Wien-Korrespondentin. Keine gute Wahl. Die Dame hatte sich bereits mit einem Buch zur Irving-Kritikerin aufgespielt und darf jetzt die ÖVP-FPÖ-Politik kommentieren. Anfang Mai wurden drei "Neue" eingekauft, von denen zwei von der linksliberalen Zeit und einer von der nicht weniger linken Süddeutschen Zeitung kommen. Zwei weitere Redakteure wurden letzte Woche von der Berliner Zeitung für den Berliner Lokalteil der Frankfurter Zeitung angeworben. Der einzige kleine Lichtblick ist der Wechsel von Thomas Holl, der bei der Welt für Lokales verantwortlich war, jetzt aber über bundespolitische Themen schreibt. Sage mir, wer deine Redakteure sind, und ich sage dir, was für eine Zeitung du bist.


 
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